Keine Angst vor Radioaktivität: Deutsche essen weiter Sushi
Nach der Atomkatastrophe in Japan sind auch Teile des Meeres nahe dem Kraftwerk Fukushima radioaktiv belastet. Für Deutschland geben Experten aber Entwarnung: Fisch könne bedenkenlos konsumiert werden. Die Deutschen scheinen beruhigt - und essen weiter fleißig Sushi.
Köln/Düsseldorf (dpa) - Das Kölner Sushi-Restaurant „Blue Marlin“ hat vorgesorgt: In einer Weltkarte an der Wand stecken viele kleine Fähnchen mit Bildern von Fischen drauf - jede Sorte ist ihrem Fangort zugeordnet. Bei Japan steckt kein Fähnchen. „Wir haben die Karte nach der Atomkatastrophe aufgehängt, um unsere Kunden zu informieren“, sagt die Kellnerin. „Der Fisch, den wir für unser Sushi verwenden, kommt nicht aus Japan, kann also auch nicht verstrahlt sein.“ Zur frühen Mittagszeit ist nur ein Tisch in dem Eckrestaurant in der Kölner Innenstadt besetzt. „Aber das kommt noch - die letzten Tage war es auch immer total voll. Ich habe sogar das Gefühl, dass mehr Menschen kommen, weil sie die japanischen Köche nach der Katastrophe unterstützen wollen.“
Auch wenn im Meerwasser nahe des nach Erdbeben und Tsunami teilweise zerstörten Atomkraftwerks Fukushima im Osten Japans erhöhte Radioaktivität gemessen wurde - Fisch in Deutschland sei unbedenklich, betont Matthias Keller, Geschäftsführer des Bundesverbands der deutschen Fischindustrie und des Fischgroßhandels. Nur ein sehr geringer Teil des Fisches, der in Deutschland verzehrt wird, stamme aus Japan. Und der Tiefkühlfisch, der im Moment verkauft werde, sei schon lange vor dem Unglück gefangen und verpackt worden. Für Sushi werde überhaupt kein Fisch aus Japan verwendet. „Wir stellen auch keine Verunsicherung beim Verbraucher fest.“
Die Nachfrage nach Sushi-Produkten bewege sich „auf stabilem Vorjahresniveau“, bestätigt eine Sprecherin der Fischrestaurantkette Nordsee, die europaweit rund 400 Standorte betreibt. „Fisch-Gerichte und -Snacks sind weiterhin bei den Konsumenten beliebt. Nach den Vorfällen in Japan ist kein Rückgang der Nachfrage zu spüren.“ Auch in den Supermärkten der Tengelmann-Unternehmensgruppe sei die Nachfrage sowohl bei Tiefkühl- als auch bei frischem Sushi konstant, sagt eine Sprecherin.
Die Kunden strömten weiterhin, berichtet auch Cha Hyang-Suk. Die Koreanerin leitet seit 1984 einen asiatischen Lebensmittelladen in Düsseldorf, das mit mehr als 8000 japanischen Einwohnern auch als „KleinTokio am Rhein“ bezeichnet wird. „Die Kunden kaufen sogar mehr, da die jetzige Ware - also Produkte wie Tee, Nudeln und Gewürze - noch vor der Katastrophe nach Deutschland geschifft wurde und somit auf jeden Fall nicht verstrahlt ist.“
Ihre Kunden wüssten auch, dass ihr Fisch hauptsächlich aus dem Mittelmeer und nicht aus Japan komme. „Ich mach' mir keine Sorgen. In Deutschland werden alle Lebensmittel gut und streng kontrolliert.“ Auch Kunde David Mebus ist unbesorgt. „Japan ist die drittgrößte Industrienation, die kriegen das schon auf die Kette, dass strahlenbelastete Lebensmittel nicht zu uns nach Deutschland kommen.“ Auch im nahe gelegenen Hotel Nikko hätten sich nur vereinzelt Gäste nach der Herkunft des Fisches erkundigt, sagt Direktor Bertold Reul. „Ich habe mich direkt beim Amt für Verbrauchschutz informiert und erkundigt, ob wir einen Geigerzähler besorgen sollen. Das ist laut Amt aber nicht nötig, sogar übertrieben.“
Nebenan ist Willbald Fussel auf dem Weg zum Mittagessen ins Sushi-Restaurant Okinii. „Ich liebe Fisch“, sagt der kaufmännische Angestellte. „Und ich habe eigentlich keine Sorge, dass verseuchter Fisch aus Japan in Deutschland eingeführt wird. In 14 Tagen würde ich aber bei einem Restaurantbesuch doch schon mal nachfragen, woher der Fisch denn eigentlich kommt.“