Klangflächen von Ólafur Arnalds

Berlin (dpa) - Selbst wenn man den Begriff großzügig auslegt - mit Pop hat das nichts zu tun, was Ólafur Arnalds seit Jahren zur einhelligen Begeisterung von Musikkritikern veröffentlicht. Moderne Klassik oder zeitgenössische Kammermusik trifft es noch am besten.

Musik mit Mut zur Innerlichkeit ist das Markenzeichen des 25-jährigen Isländers und seines feinen kleinen Labels Erased Tapes. Auch das jüngste Werk des Eigenbrötlers aus dem hohen Norden Europas, das Minialbum „Living Room Songs“, ist wieder wunderschön introvertiert und irgendwie nicht von dieser Welt.

Da tröpfeln elegische Pianotöne, der Klavierhocker knarrt vernehmlich, ein kleines Streicherensemble schwelgt in Moll, kein Gesang durchbricht die melancholische Stimmung. Die sieben Stücke - von Songs mag man hier nicht reden - klingen wie der Soundtrack zu einem französischen Nouvelle-Vague-Film der 60er.

Jeden Tag einen Track zu komponieren und einzuspielen, das nahm sich Ólafur Arnalds im Oktober vor. Das Ganze wurde in seinem Wohnzimmer in Reykjavik - daher der Albumtitel - gefilmt und den Fans umgehend als freier MP3-Download und Videostream zur Verfügung gestellt. Zum Jahresende 2011 erschienen die „Living Room Songs“ dann auch auf CD, Vinyl und DVD.

Nur einmal wird der Sound etwas poppiger, wenn in „Near Light“ kurz ein Synthie-Rhythmus aufflackert. Ansonsten bleibt es bei intelligenten, aber nie verkopften Klangflächen, die an den Neoklassik-Pionier Ryuichi Sakamoto, an den Pop-Intellektuellen David Sylvian oder auch an das wunderbare neue Album des früheren Coral-Gitarristen Bill Ryder Jones („If...“) erinnern.

Ólafur Arnalds und Label-Kollegen wie Nils Frahm oder Peter Broderick öffnen seit knapp fünf Jahren via Erased Tapes der Klassik neue Türen - vor allem in den Indiepop-Bereich. Die Grenzen werden fließend. Der eine oder andere dieser Künstler wird sicherlich auch als Filmkomponist Erfolg haben. Denn diese sorgfältig komponierte, zart instrumentierte Musik erzeugt Bilder im Kopf und eine ganz eigene Magie.

Dies scheint auch dem Regisseur Sam Levinson nicht verborgen geblieben zu sein. Für seinen Kinofilm „Another Happy Day“ mit den Hollywood-Stars Ellen Barkin und Demi Moore in den Hauptrollen beauftragte er einen jungen isländischen Komponisten mit der Soundtrack-Arbeit - Ólafur Arnalds. In der ersten Januar-Woche 2012 musste das Werk fertig sein, und Arnalds bekam es pünktlich hin, gab sein Label Erased Tapes kürzlich hocherfreut bekannt. Offizielle Veröffentlichung des Albums soll am 24. Februar sein.