Arnsberg Kleine Broschüre macht Feuerwehrleute zu Sprachtalenten
Kurze Anweisungen oder wichtige Fragen - im Ernstfall sind Feuerwehrleute darauf angewiesen, dass sie verstanden werden. Dabei hilft ein Einsatz-Wörterbuch, das die Feuerwehr in Arnsberg entwickelt hat. Das Heftchen ist mittlerweile bundesweit gefragt und macht Flüchtlingshelfer neidisch.
Arnsberg. „So etwas würde uns auch helfen“, sagt Alex Robl vom Deutschen Roten Kreuz in Arnsberg. Gemeint ist das Einsatz-Wörterbuch, mit dem die Kollegen von der Arnsberger Feuerwehr im Notfall Sprachbarrieren umgehen können. Seit zwei Jahren liegt die kleine Broschüre in jedem Einsatzwagen, sagt Feuerwehr-Chef Bernd Löhr. In neun Sprachen sind dort einfache, aber im Ernstfall wichtige Anweisungen und Fragen so aufgelistet, dass sich Feuerwehrleute schnell verständlich machen und nötige Informationen erfragen können.
„Die Idee zum Einsatz-Wörterbuch ist bei unseren Bemühungen zur Integration ausländischer Mitbürger entstanden“, sagt Feuerwehr-Sprecher Peter Krämer. Denn wenn vor einem brennenden Haus Menschen stehen, mit denen sich die Einsatzleiter nicht verständigen können, sei Gefahr im Verzug. Die Anweisungen, den Weg frei zu machen oder das Haus zu verlassen, können die Feuerwehrleute nun in einer einfachen Lautschrift ablesen oder den Betroffenen einfach selbst zu lesen geben. Gleiches gilt für die Frage, ob noch Menschen in Gefahr sind oder ob jemand verletzt ist.
„Das kann im Ernstfall Leben retten“, sagt Krämer. Das sieht auch Robl vom DRK ähnlich. Er leitet die Flüchtlings-Notunterkunft in einer ehemaligen Schule. „Wir haben ja auch nicht immer sofort Zugriff auf einen Dolmetscher“, sagt er. Natürlich könne man mit den Feuerwehr-spezifischen Fragen wenig anfangen. „Uns würden Fragen wie „Haben Sie Hunger?“, „Haben Sie Durst?“ oder „Vermissen Sie noch Familienmitglieder?“ helfen“, sagt Robl. Und mit „uns“ meint er nicht nur seine Mitarbeiter, sondern auch die vielen Tausend anderen, die überall in Deutschland in Flüchtlingsunterkünften helfen.
Das Wörterbuch der Arnsberger Feuerwehr ist mittlerweile bundesweit im Einsatz. „Die erste Auflage mit 600 Stück war schnell weg. Nun sind auch weitere 1500 Exemplare vergriffen“, sagt Krämer. Derzeit werde eine dritte Auflage erstellt. „Da haben wir noch einige weitere Sprachen vor allem aus den Balkan-Ländern aufgenommen.“
2013 hatten sich die Arnsberger Feuerwehrleute noch auf die Ausländer-Gruppen konzentriert, die in der Stadt stark vertreten sind. Deshalb gibt es das Wörterbuch bisher mit Übersetzungen in portugiesisch, griechisch, italienisch, englisch, arabisch, polnisch, russisch, spanisch und türkisch.
Durch die vielen Flüchtlinge und die erhöhte Einsatzbereitschaft der Feuerwehren überall im Land sei das Wörterbuch mehr in den Fokus gerückt. „Wir haben neben den gedruckten Exemplaren noch mehr als 2500 Downloads aus dem Internet gehabt“, sagt Krämer. Und derzeit bekomme das Heft durch die Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte leider eine tragische Aktualität. „Wir haben so gut wie täglich Anfragen von Feuerwehren aus dem gesamten Bundesgebiet.“
Besonders wichtig sind den Machern die Lautschrift-Übersetzungen. „Damit kann jeder die Fragen und Anweisungen auch ohne jegliche Kenntnis der Sprache vorlesen“, erklärt der Feuerwehr-Sprecher. Die Lautschrift hätte man sich bei der Bundeswehr abgeschaut, die seit längerem Sprachführer für Soldaten im Auslandseinsatz erstelle.
Krämer ist bei seinen Planungen aber schon einen Schritt weiter. „Ich möchte das Wörterbuch gern als App für das Smartphone haben. Das wäre mein persönliches Highlight.“ Dazu hat er bereits Kontakt zu einem Studierenden der Uni Bielefeld geknüpft, der das Programm bei seiner Masterarbeit entwickeln will. Dann könnten die Feuerwehrleute ihrem Gegenüber einfach den Handy-Bildschirm mit verschiedenen Landesflaggen zeigen. „Die Kollegen können dann auf die entsprechenden Fragen tippen und das Smartphone spricht dann.“
Robl schaut etwas neidisch auf das Engagement der Feuerwehr. „Das wäre wirklich hilfreich für die Arbeit in der Notunterkunft“, sagt er. Beispielsweise wenn es nachts Probleme gebe und man schnell wissen müsse, ob jemand Schmerzen habe. Er helfe sich derzeit immer mit einem Übersetzungsprogramm auf seinem Smartphone.
Auch die Polizei findet die Wörterbuch-Idee gut. „Aber unsere Arbeit ist zu vielfältig, als dass man mit wenigen Sätzen auskomme“, sagt Stephan Hegger von der Gewerkschaft der Polizei. „Wenn es auf Deutsch nicht geht, helfen wir uns mit Englisch oder mit Händen und Füssen.“