Knox reagiert geschockt auf Urteil
Ex-Freund Sollecito wird nahe der slowenischen Grenze aufgegriffen. Die Polizei sieht Fluchtgefahr und nimmt ihm den Pass ab.
Florenz. Die juristische Aufarbeitung eines spektakulären Mordfalls gerät zur unendlichen Geschichte. Zwölf Stunden brauchen die Richter und Geschworenen, um Amanda Knox und ihren italienischen Ex-Freund von neuem schuldig zu sprechen — für die Ermordung der Britin Meredith Kercher.
„Die Schlacht geht aber weiter, ich bin unschuldig“, gibt sich Raffaele Sollecito nach dem nunmehr vierten Urteil ungebrochen. Knox verkündet aus Seattle an der US-Westküste: „Das ist aus dem Ruder gelaufen. Ich bin erschrocken und traurig über dieses ungerechte Urteil.“ Sie kämpfe weiter für ihre Unschuld.
Spät abends kommt schließlich der Schuldspruch. Knox soll für 28 Jahre und sechs Monate, Sollecito für 25 Jahre ins Gefängnis. Und während die Amerikanerin in den USA vor der italienischen Justiz zunächst sicher scheint, muss der Italiener seinen Pass abgeben und darf das Land nicht verlassen: Fluchtgefahr. Er hielt sich unweit der Grenzen zu Österreich und Slowenien auf, als die Polizei Freitag in seinem Hotel bei Udine erschien und ihn mit aufs Präsidium nahm. Hinter Gitter muss er nicht — das Urteil ist noch nicht endgültig.
Auf der einen Seite stehen die Widersprüche der Angeklagten und etliche Ungereimtheiten nach dem Mord an Kercher, auf der anderen Seite Ermittlungspannen und kaum belastbare Indizien. Auch deshalb ist das vierte Urteil wohl noch nicht das letzte Wort in dem Justizkrimi.
Die Geschichte um den Mord an der 21-Jährigen nahm überraschende Wendungen. Was war damals passiert? War ein Sexspiel ausgeufert oder war es das tödliche Ende eines Streits um eine verschmutzte Toilette? Fest steht: Im November 2007 wurde Kerchers nackte Leiche in Perugia gefunden, mit durchschnittener Kehle und etlichen Messerstichen. Das brutale Verbrechen schockierte Italien, die Öffentlichkeit wollte einen Schuldigen. Schienen die schnell verhafteten Knox und Sollecito zunächst wie die klaren Täter, kamen später immer mehr Zweifel auf. Es gab Ermittlungspannen. Knox selbst brachte sich mit Falschaussagen in Bedrängnis.
Knox jedenfalls will nie freiwillig nach Italien zurückkehren. „Sie werden mich fangen und mich tretend und schreiend in ein Gefängnis zurückzerren müssen, in dem zu sein ich nicht verdient hätte“, sagte Knox.
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