Königin Beatrix beim Lunch mit „Wende-Kindern“
Berlin (dpa) - Paulina Boldt (21) aus Berlin-Zehlendorf aß am Mittwochmittag nicht - wie so oft - im Thai-Bistro, sondern in königlicher Gesellschaft.
Paulina und 14 weitere junge Leute waren zum Lunch mit der niederländischen Monarchin Beatrix, dem Kronprinzenpaar Willem-Alexander (43) und Máxima (39) sowie dem deutschen Bundespräsidentenpaar Christian und Bettina Wulff in das Berliner Palais am Festungsgraben eingeladen.
Die jungen Leute aus Berlin, Dessau, Gelsenkirchen, Herne und Wanne-Eickel gehören zur „Generation Einheit“ und somit zum „neuen Deutschland“, das Beatrix 20 Jahre nach der deutschen Einheit kennenlernen will. Botschaftsmitarbeiter suchten in Schulen und Hochschulen nach jungen Leuten, die zur Wendezeit geboren wurden. Paulina bewarb sich für das außergewöhnliche Mittagessen und wurde zu einem Vorbereitungstreffen mit Etikette-Schulung in die Botschaft eingeladen.
„Auf internationaler Ebene spricht Deutschland zweifellos mit einer Stimme“, sagte der niederländische Botschafter Marnix Krop beim Empfang vor dem Essen. Doch die innere Einheit in der Bevölkerung brauche sicherlich noch Zeit, sagte er. In den Gesprächen beim Essen sollten die Jugendlichen, die die Teilung gar nicht miterlebt haben, erzählen, wie sie Deutschland heute sehen.
Paulina wollte Prinzessin Máxima, an deren Tisch sie sitzen sollte, vor allem sagen, dass die einstige deutsche Teilung in ihrem Leben keine Rolle mehr spiele. „In Berlin ist ja von der Teilung so gut wie nichts mehr zu spüren, außer vielleicht im Mauerpark“ sagte die angehende Fremdsprachenkorrespondentin. „In der Schule wurde uns die Teilung vor allem anhand von Karten vermittelt. Mir kommt es eher so vor, als ob ein anderes Land gemeint war“. Bei einem Drei-Gänge-Menü - als Hauptgericht stand Perlhuhnbrustfilet auf der Karte - wollten die Staatsgäste mit den jungen Leuten unter Ausschluss der Öffentlichkeit in lockerer Runde sprechen.
Am Morgen hatte das nasskalte Aprilwetter das Protokoll über den Haufen geworfen. Der obligatorische Gang durchs Brandenburger Tor fiel wegen des ungemütlichen Wetters aus. Sie kenne dieses deutsche Wahrzeichen im Herzen Berlins bereits von früheren Besuchen, ließ Beatrix wissen. Ihr schicker lila Hut zum rot-lila-gemusterten Wollkostüm wäre vermutlich erneut zum Spielball der Windböen geworden. Bereits am Vortag hatte die Königin Hand anlegen müssen, damit ihr Hut bei der offiziellen Begrüßung nicht wegwehte.
Lieber nutzte die Monarchin die Zeit auf dem Berliner Fernsehturm, um sich vom Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) um sich von Städtebau- und Kulturexperten das zusammengewachsene Berlin erklären zu lassen. Wo einst die Mauer die Hauptstadt in Ost und West teilte, wollten die königlichen Gäste genau wissen. Die 39-jährige Máxima in einem beigefarbenen Kleid mit schwarzen und weißen Blütenapplikationen und drei schwarzen Samtrosen im blonden Haar musste sich immer wieder zu den Fotografen umdrehen.
Zwar verhinderte ein wolkenverhangener Himmel eine grandiose Fernsicht über Berlin. Statt 35 Kilometer konnte der königliche Blick aus knapp 204 Meter Höhe vom Fernsehturm nur gut zehn Kilometer weit schweifen. Doch die Monarchin verdross es nicht.
Die Gastgeber zeigten sich beeindruckt vom Vorwissen der niederländischen Königin. Sie sei äußerst gut vorbereitet gewesen und habe sehr präzise Fragen gestellt, in ausgezeichnetem Deutsch, hieß es hinterher. Zwar liegt der letzte Staatsbesuch von Beatrix fast 30 Jahre zurück, doch zwischendurch war sie privat in Berlin und erkundete zum Beispiel das aufwendig restaurierte Neue Museum.
Prinzessin Máxima gewährte anschließend Einblicke in ihre bürgerliche Vergangenheit. Schüler der Friedensberg-Oberschule warnte die gebürtige Argentinierin angesichts der Vielfalt der Konsumangebote vor Geldverschwendung. „Ich hatte leider kein Girokonto, sondern nur ein Sparschwein, in das ich mein Geld immer hineingesteckt habe“, erzählte Máxima. Gemeinsam mit Bettina Wulff besuchte sie eine Unterrichtsstunde zum richtigen Umgang mit Geld. Seit 2009 setzt sich die studierte Betriebswirtin Máxima als UN-Sonderbotschafterin unter anderem für Verbraucherschutz und ein besseres Finanzmarktwissen ein.
Am Nachmittag stand ein Besuch im Mitmachzirkus Neukölln auf dem Programm. Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) hat den Zirkus, in dem rund 6000 Kinder jährlich proben, eigenen Angaben zufolge vor fünf Jahren ins Leben gerufen. „Für den Bezirk ist es eine wahnsinnige Auszeichnung. Noch nie hat es einen Staatsbesuch in Neukölln gegeben“, sagte Buschkowsky. In Neukölln leben viele sozial schwache Menschen.