Nach wochenlanger Verstimmung Scholz kündigt Baerbock-Reise nach Kiew an
Die Verstimmungen zwischen Deutschland und der Ukraine wegen einer geplatzten Reise des Bundespräsidenten scheinen ausgeräumt. Ist nun der Weg frei für einen Besuch des Kanzlers in Kiew? Zunächst fährt die Außenministerin. Und Kiew kann auf mehr Geld hoffen.
Deutschland und die Ukraine haben ihre Verstimmungen wegen der geplatzten Kiew-Reise von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für beendet erklärt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte am Donnerstagabend in Berlin an, dass Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Kürze nach Kiew reisen wird. Zuvor hatten Steinmeier und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj miteinander telefoniert. Selenskyj sprach von einem „konstruktiven“ Gespräch. Das Bundespräsidialamt teilte mit: „Irritationen der Vergangenheit wurden ausgeräumt.“
Die Ukraine hatte Steinmeier Mitte April ausgeladen, kurz bevor er sich auf den Weg nach Kiew machen wollte. Dort wird dem heutigen Bundespräsidenten vorgeworfen, als Außenminister zu freundlich gegenüber Russland gewesen zu sein. Wegen der Absage an Steinmeier lehnte Scholz eine eigene Reise nach Kiew ab. Nun sprach Selenskyj eine Einladung an beide aus.
Wann genau nun Baerbock als erstes deutsches Regierungsmitglied seit Beginn des russischen Angriffskriegs in die Ukraine reisen wird, war zunächst unklar. Am Wochenende wird dort bereits Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) erwartet. Für Besuche von Steinmeier oder Scholz sind noch keine Termine bekannt.
In der Ukraine wurde auch am 71. Tag des russischen Angriffskriegs weiter gekämpft. Beide Seiten berichteten von Verlusten des Gegners. Die Angaben sind von unabhängiger Seite nur schwer zu überprüfen. In der bereits schwer zerstörten Hafenstadt Mariupol warten weiterhin mehrere Hundert Zivilisten darauf, aus einem schwer umkämpften Stahlwerk herauszukommen. Russland attackiert zunehmend auch Eisenbahnverbindungen, um Waffenlieferungen aus dem Westen zu verhindern. Der Krieg dauert bereits seit dem 24. Februar.
Israel: Putin entschuldigt sich für Außenminister
Russlands Präsident Wladimir Putin telefonierte am Donnerstag mit dem israelischen Regierungschef Naftali Bennett. Nach israelischen Angaben entschuldigte er sich dabei für Äußerungen seines Außenministers Sergej Lawrow, die als antisemitisch kritisiert worden waren. Bennett habe die Entschuldigung angenommen und für die „Klarstellung der Einstellung des Präsidenten zum jüdischen Volk und zum Holocaust-Gedenken“ gedankt, hieß es aus seinem Büro. Vom Kreml gab es für eine solche Entschuldigung zunächst keine Bestätigung.
Auslöser war ein Interview Lawrows im italienischen Fernsehen zum Krieg in der Ukraine. Moskau begründet den Angriff auch mit einer angeblich erforderlichen „Entnazifizierung“, obwohl Selenskyj jüdischer Abstammung ist. Lawrow sagte dazu, auch Hitler habe „jüdisches Blut“ gehabt. „Das heißt überhaupt nichts. Das weise jüdische Volk sagt, dass die eifrigsten Antisemiten in der Regel Juden sind.“ International gab es deshalb Empörung.
Geberkonferenz sammelt Milliarden für Ukraine
Eine internationale Geberkonferenz für die Ukraine-Flüchtlingshilfe in Warschau brachte Zusagen in Milliardenhöhe ein. Insgesamt seien mehr als sechs Milliarden Euro zusammengekommen, berichtete Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki. Die Europäische Union kündigte ein neues Hilfspaket von 200 Millionen Euro an. Auch Scholz kündigte weitere 125 Millionen Euro Hilfe an. Außerdem werde die Bundesregierung einen weiteren Kredit von 150 Millionen Euro vorbereiten. Aus der Ukraine sind bereits mehr als 5,6 Millionen Menschen geflohen. Zudem sind innerhalb des Landes Millionen auf der Flucht.
Stahlwerk Azovstal weiter umkämpft - Unklarheit über Fluchtkorridore
Die Kämpfe um das Stahlwerk Azovstal in Mariupol hielten weiter an. „Mit Unterstützung der Luftwaffe hat der Gegner seinen Angriff mit dem Ziel erneuert, das Fabrikgelände unter seine Kontrolle zu bringen“, teilte der ukrainische Generalstab mit. Der Kreml dementierte einen Sturm auf das Gelände. In dem Stahlwerk haben neben ukrainischen Kämpfern auch Zivilisten Zuflucht gesucht.
Russen melden militärische Erfolge - Beschuss in Grenzregion
Das russische Militär beschoss nach eigenen Angaben strategische Ziele in ukrainischen Großstädten. „Mit Hochpräzisionsraketen wurde auf dem Militärflughafen Kanatowo nahe Kirowohrad Flugzeugtechnik und in der Stadt Mykolajiw ein riesiges Munitionsdepot vernichtet“, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums. Zudem sei ein Treibstofflager zerstört worden. Die Luftwaffe und Heeresflieger hätten 93 Militärobjekte beschossen, die Artillerie mehr als 500 Ziele. In der an die Ukraine grenzenden westrussischen Region Belgorod wurden beim Beschuss von zwei Ortschaften nach Behördenangaben fünf Häuser und eine Stromleitung beschädigt.
US-Informationen tragen wohl zum Tod russischer Generäle bei
Die ukrainische Armee stützt sich bei ihren Angriffen auf russische Generäle einem Bericht der „New York Times“ zufolge teils auf Informationen aus den USA. Die Zeitung berief sich dabei auf Angaben nicht genannter ranghoher US-Militärs. Die ukrainische Armee will seit Beginn des Kriegs zwölf russische Generäle getötet haben. Moskau hat sich dazu nicht geäußert.
Sanktionen gegen Oligarchen
Die Bundesregierung will Sanktionen gegen russische Oligarchen besser durchsetzen. Dabei geht es darum, Vermögenswerte wie Luxusjachten, Villen und Flugzeuge einzufrieren. Um Probleme zu beheben, sollen bis zur Sommerpause des Bundestags gesetzliche Änderungen beschlossen werden, hieß es aus Regierungskreisen. Unter anderem soll ein nationales Register für Vermögen unklarer Herkunft und für sanktionierte Vermögenswerte eingerichtet werden.