Kriminelle gestehen Massaker an 43 mexikanischen Studenten
Mexiko-Stadt (dpa) - Die in Mexiko verschleppten Studenten sind wahrscheinlich tot. Alles deute darauf hin, dass sie umgebracht wurden, sagte Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam. Die Opfer seien allerdings noch nicht identifiziert.
Offiziell würden die jungen Leute deshalb weiter als vermisst gelten.
Mehr als einen Monat nach dem Verschwinden räumten mutmaßliche Mitglieder der kriminellen Organisation „Guerreros Unidos“ den Mord an den Studenten ein. Sie hätten eine größere Gruppe getötet und die Leichen verbrannt, sagten die Verdächtigen.
Die Ermittler veröffentlichten nun Videos der Vernehmungen. Nahe der Ortschaft Cocula im Bundesstaat Guerrero entdeckten die Ermittler Asche und Zähne. Die Proben werden nun in einem Universitätslabor im österreichischen Innsbruck untersucht.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warf Mexiko Nachlässigkeit bei der Verfolgung schwerer Straftaten vor. „Die Korruption und Gewalt sind seit Jahren offensichtlich. Wer sie ignoriert, hat sich zum Komplizen in dieser Tragödie gemacht“, sagte die Amerika-Beauftragte Erika Guevara Rosas.
Auch Human Rights Watch erhob Vorwürfe gegen die Behörden. „Das sind die schlimmsten Grausamkeiten seit Jahren in Mexiko, aber keine Einzelfälle“, sagte Amerika-Direktor José Miguel Vivanco. „Die Morde spiegeln ein Muster des Missbrauchs wider und sind eine Konsequenz der Unfähigkeit der mexikanischen Behörden, das Problem zu lösen.“ Kriminalitätsexperte Edgardo Buscaglia forderte die Einsetzung einer unabhängigen Wahrheitskommission unter Beteiligung der Vereinten Nationen.
Ende September waren 43 Studenten eines linksgerichteten Lehrerseminars in der Stadt Iguala offenbar von Polizisten verschleppt worden. Später wurden sie Zeugenaussagen zufolge an Mitglieder der Bande „Guerreros Unidos“ übergeben. Diese hätten die Entführten auf einer Müllkippe bei Cocula getötet, ihre Leichen mit Benzin übergossen und in Brand gesteckt, sagten die Verdächtigen nun. Die sterblichen Überreste seien in einen Fluss geworfen worden.
Der Bürgermeister von Iguala und seine Frau waren am Dienstag als mutmaßliche Drahtzieher der Tat festgenommen worden. Anscheinend wollte Rathauschef José Luis Abarca verhindern, dass die Studenten eine Rede seiner Frau als Vorsitzende des örtlichen Wohlfahrtsverbands stören. Die Lehramtsstudenten sind Indios aus einfachen Verhältnissen und für ihren politischen Aktivismus bekannt.
Bürgermeistergattin María de los Ángeles Pineda stammt aus einer Drogenhändlerfamilie mit Verbindungen zum Beltrán-Leyva-Kartell. Sie soll ein führendes Mitglied der „Guerreros Unidos“ sein. Nach Einschätzung der Ermittler arbeiten in der Region örtliche Politiker, korrupte Polizisten sowie Verbrecher Hand in Hand.
„Unsere Nation erlebt schwierige Zeiten. Die Ereignisse von Iguala empören uns alle“, sagte Präsident Enrique Peña Nieto. „Ich gebe den Familien der Verschwundenen und allen Mexikanern mein Wort: Wir werden nicht innehalten, bis der Gerechtigkeit Genüge getan ist“, sagte er am Freitag auf einer Wirtschaftskonferenz.
Die Angehörigen hingegen misstrauen den Behörden. „Es war der Staat, der die Jungs entführt hat“, sagte der Sprecher der Opferfamilien, Felipe de la Cruz. Den jüngsten Ermittlungsergebnissen schenken sie keinen Glauben. „Solange es keine Beweise gibt, sind unsere Kinder für uns noch am Leben“, sagte eine Mutter.