Krisenstab: Überlebende zu finden wäre ein Wunder
Giglio (dpa) - Die Suche nach Vermissten auf dem gekenterten Kreuzfahrtschiff „Costa Concordia“ geht nach einer Unterbrechung wegen schlechten Wetters weiter.
Doch in der „Costa Concordia“ noch Überlebende zu finden, käme nach Einschätzung des Krisenstableiters Franco Gabrielli einem Wunder gleich. Gabrielli verwies auf die Zeit, die seit der Havarie am 13. Januar vergangen ist, und auf den Umstand, dass das Kreuzfahrtschiff gekentert und teilweise voll Wasser gelaufen ist. „Wir machen aber weiter damit, das Schiff zu inspizieren“, fügte er an. Man sei kurz davor, die Identität von sechs Leichen zu klären, deren Nationalität bisher unbekannt war.
Die Beseitigung des Schiffes habe im Moment keine Priorität, erst müsse die Suche nach den Vermissten abgeschlossen und der Treibstoff abgepumpt sein. „Danach werden wir an den Abtransport denken müssen“, sagte er. Seit dem Unglück wurden 16 Leichen geborgen, etwa 20 Menschen gelten noch als vermisst.
Marine-Taucher sprengten sich am Morgen einen noch größeren Zugang zu dem dritten Deck des havarierten Schiffes frei, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Der schwer beschuldigte und unter Hausarrest stehende Kapitän des Unglücksschiffes, Francesco Schettino, sorgt unterdessen für neue Schlagzeilen.
Von einem Carabinieri-Posten nach der Havarie abgehörte Telefonate des 52-jährigen Kapitäns mit Freunden scheinen Schettino zu belasten und seinen Aussagen im Verhör zu widersprechen. „Als ich gesehen habe, dass sich das Schiff neigte, habe ich mich heruntergestürzt“, gibt die Turiner „La Stampa“ am Mittwoch Teile des Gesprächs wieder.
Damit verrate sich Schettino, schreibt das Blatt, weil er bei seiner offiziellen Vernehmung ausgesagt hatte, er sei zufälligerweise von dem Schiff in ein Rettungsboot gefallen. Das war noch während der Evakuierung. Die Gespräche wurden in einer Carabinieri-Kaserne von Orbetello abgehört, in der er sich nach der Havarie kurz aufhielt.
Laut „La Repubblica“ sagte Schettino am Telefon auch, die Verbeugung genannte nähere Route an die Insel Giglio heran habe ein „Manager“ nachdrücklich von ihm verlangt. Unklar ist, um wen es sich handelt. Schettino hatte die Reederei Costa Crociere bereits vorher beschuldigt, ein riskantes Heranfahren aus Werbezwecken gefordert zu haben. Sein Anwalt hat inzwischen beantragt, den Hausarrest gegen seinen Mandanten aufzuheben, wie italienische Medien berichteten.
Zur Zeit wird vor der toskanischen Insel Giglio das Abpumpen von etwa 2300 Tonnen Treibstoff vorbereitet, das am Wochenende beginnen soll.
Marine-Taucher räumten in dem Schiff auch einige schwere Hindernisse aus dem Weg, um die Suche zu erleichtern. Starker Wind und der Seegang gefährdeten die Sicherheit der Einsatzkräfte, hatte der Einsatzleiter die Unterbrechung der Suche am Vorabend begründet. Auch am Mittwoch ließen es die Wetterbedingungen erst später wieder zu, sich dem auf der Seite liegenden Schiff zu nähern und zu suchen.
Auf Giglio laufen die Vorarbeiten für das Abpumpen des Öls aus der „Costa Concordia“ auf Hochtouren. Die Bergung des giftigen Schweröls aus den Tanks kann voraussichtlich nicht vor diesem Samstag beginnen. Danach dürfte es rund vier Wochen dauern, bis die etwa 2300 Tonnen Treibstoff, überwiegend Schweröl, aus den 17 Tanks entsorgt sind. Mit dem Beginn der Aktion soll rund um die Uhr gepumpt werden.
„Das Wetter ist immer ein unvorhersehbarer Faktor, aber Samstag ist realistisch“, sagte Martiijn Schuttevaer, Sprecher der mit dem Abpumpen beauftragten niederländischen Bergungsfirma Smit. In diesen Tagen würden die 17 Tanks der „Costa Concordia“ genau inspiziert und markiert, um dann mit dem Bohren von Löchern im Schiff und dem Abpumpen des Schweröls beginnen zu können, erläuterte Schuttevaer.
Auf dem dritten Deck des Schiffe hatten Taucher am Dienstag eine tote Frau gefunden. Damit stieg die Zahl der geborgenen Opfer der Havarie vom 13. Januar auf 16. Von den Toten wurden bisher neun identifiziert. Unter den Opfern ist nach den Angaben der Carabinieri ein Mann aus Deutschland - laut Auswärtigem Amt gelten aber weiterhin zwölf Deutsche als verschollen.