Kritik an Auftakt Spahn will das Impftempo schrittweise anziehen

Berlin · Seit gut zwei Wochen laufen in Deutschland die Impfungen, die Hoffnung im Kampf gegen die Corona-Pandemie bringen sollen. Nach und nach soll die Impfkampagne nun Fahrt aufnehmen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will das Tempo der Impfungen Schritt für Schritt anziehen.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat nach Kritik am Start der Corona-Impfungen in Deutschland schrittweise mehr Tempo zugesichert und wirbt für eine breite Impfbereitschaft. „Diese größte Impfaktion unserer Geschichte ist eine Gemeinschaftsaufgabe“, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch im Bundestag. „Nur wenn über das Jahr hinweg die allermeisten der Bürgerinnen und Bürger bereit sind, sich impfen zu lassen, können wir das Virus wirklich besiegen.“ Er räumte Verbesserungsbedarf bei Abläufen ein, verteidigte aber die gemeinsame europäische Beschaffung, die Deutschland genug Impfstoff sichere. Die Opposition bemängelte den Impfstart und den generellen Krisenkurs.

Spahn sagte gut zwei Wochen nach dem Start der Impfungen, natürlich ruckele es dabei. Manches hätte schneller gehen und zwischen EU, Bund und Ländern besser funktionieren können. Für den teils als langsam empfundenen Beginn gebe es aber Gründe. Die Impfungen zuerst in Pflegeheimen seien aufwendiger. Nach und nach würden die Länder ihre Impfzentren in Betrieb nehmen und auch die Terminvergaben optimieren. „Im zweiten Quartal wird die Situation spürbar besser sein.“ Allein mit den beiden ersten zugelassenen Impfstoffen könne voraussichtlich im Sommer allen in Deutschland ein Impfangebot gemacht werden.

Spahn bekräftigte, dass das europäische Vorgehen auch im nationalen Interesse sei. Ein Alleingang hätte schon wegen der wirtschaftlichen Verbindungen negative Folgen gehabt. Wichtig sei auch die reguläre Zulassung in der EU, statt schnellere Notzulassungen zu machen wie andere Länder. Denn bald werde die Impfbereitschaft in den Blick rücken. „Wir werden auf der Strecke merken, dass wir das Vertrauen in die Sicherheit des Impfstoffes noch sehr brauchen werden.“

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) forderte vom Bund klare Aussagen zu Impfstofflieferungen. „Es wäre für uns alle eine Katastrophe, die vulnerablen Gruppen einzuladen, sie bekommen einen Termin, sie stehen vor dem Impfzentrum, aber der Impfstoff ist nicht da“, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz im Bundestag. Spahn wecke nun Hoffnungen, dass es voraussichtlich zum Sommer für alle ein Impf-Angebot gebe. Da jeweils zwei Dosen nötig seien, bedeute dies für Berlin, dass jeden Tag rund 28 000 Menschen geimpft werden müssten, rechnete Müller vor. „Aber diese 28 000 sind jetzt unsere Wochenlieferung und nicht die Tageslieferung.“

FDP-Chef Christian Lindner kritisierte, Logistik und Tempo des Auftakts seien beschämend. Linke-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali, sprach von einem verstolperten Impfstart. Zu Spahns Aussage, dass es anfangs ruckeln könne, fragte sie: „Wann hört es auf zu ruckeln?“ Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt monierte: „Es kann nicht sein, dass die Enkelin das Internet durchforsten muss, damit der 80-jährige Großvater einen Impftermin bekommt.“ Für die AfD sprach der Abgeordnete Sebastian Münzenmaier von einem „Impfdesaster“.

Auch die mitregierende SPD mahnte erneut Verbesserungen an. „Impfen rettet Leben“, sagte Fraktionsvize Bärbel Bas. Daher müsse alles getan werden, an dieser Stelle besser zu werden. Fragen, die Spahn von SPD-Seite etwa zu Bestellungen oder Produktionskapazitäten gestellt wurden, seien „kein Wahlkampfgetöse“. Redner der Union kritisierten dagegen den Fragenkatalog des Koalitionspartners.

Spahn warb um Verständnis, dass wegen hoher Infektionszahlen nach wie vor verschärfte Corona-Beschränkungen notwendig seien. Die Maßnahmen seien hart und stellten das Leben etwa in Schulen und Familien weiter auf den Kopf. „Aber: Wir müssen da jetzt gemeinsam durch.“ Es gelte, einander auch unter Stress zu vertrauen und sich nicht durch das Schüren von Ängsten auseinander treiben zu lassen. Linke, FDP und Grüne kritisierten Verzögerungen bei Hilfen für geschlossene Firmen. Die AfD forderte, den „unverhältnismäßigen Lockdown“ zu beenden und stattdessen mehr Schutz von Bewohnern in Alten- und Pflegeheimen.

(dpa)