Kulturhauptstadt: Das Ruhrgebiet singt

Kehle statt Kohle: 70 000 Sänger stellen am Samstag auf Schalke die Fischer-Chöre in den Schatten.

Gelsenkirchen. An jedem zweiten Samstag wird hier sowieso gesungen. Die Schlachtengesänge der Blauweißen sind zu hören: Dass man nach Hause fahren könne oder dass Bajuwaren ihrer Beinkleider beraubt werden sollen.

Längst nicht so profan aber dennoch massentauglich ist das Repertoire, das Samstagabend aus geschätzten 70 000 Kehlen in der Schalke-Arena erklingt. "!Sing - Day of Song" wird zweifellos eine der Veranstaltungen, die im kollektiven Gedächtnis der Europäischen Kulturhauptstadt Ruhr 2010 Bestand haben wird.

Bobby McFerrin und die Wise Guys, der belgische Mädchenchor Scala und die Mezzo-Sopranistin Vesselina Kasarova werden zusammen mit dem Publikum ein vokales Happening veranstalten.

Auf dem Spielfeld werden sich 233 ganz unterschiedliche Chöre versammeln. Das gesamte Publikum, ausgestattet mit handlichen Liederbüchern, wird selbst zum Akteur.

Einen solch großen Chor gab es noch nie auf dieser Welt, selbst bei Gotthilf Fischer nicht. Doch es geht den Machern nicht nur um die bloße Sensation. Der Gesang als verbindende Kulturtechnik soll den Geist eines geeinten, friedlichen Europas transportieren, so das Kalkül der Veranstalter.

Zuweilen wird es an dem Abend sicher hymnisch. Lieder von Xavier Naidoo, den Beatles und das neue Werk des Bochumers Herbert Grönemeyer "Komm zur Ruhr" stehen mit auf dem Programm. Der XXL-Chor wird begleitet von den Bochumer Symphonikern und über Großbildleinwand dirigiert von deren Leiter Steven Sloane.

Die Aussage, die ein Telefon-anbieter in seinem Werbefilm mit dem Casting-Tenor Paul Potts vermitteln will, hier auf Schalke kann sie vielleicht tatsächlich erlebt werden: Alle Menschen werden Brüder.

Nils Olfert von den Wise Guys: "Wenn ich singe, fühle ich mich unendlich frei, habe ich keine anderen Gedanken, die mich irgendwie belasten können." Das Schönste, was man beim Singen erleben kann, so schwärmt der Jüngste der Kölner Gruppe, sei die Gemeinsamkeit.

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