Restitutionsforderungen Kunst aus Afrika - in Frankreichs Museen unantastbar?

Paris (dpa) — Halb Mensch, halb Tier: Die drei Totems befinden sich in den Sammlungen des Pariser Museums für außereuropäische Kunst Quai Branly. Auf den Informationstafeln daneben steht: Statuen des Königreichs Dahomey, Geschenk des Generals Dodds.

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Dahomey war ein westafrikanisches Königreich, aus dem die heutige Republik Benin hervorgegangen ist. Kein Geschenk, sondern Beutekunst, sagt die beninische Regierung.

Der westafrikanische Staat, der 1960 von Frankreich in die Unabhängigkeit entlassen wurde, kämpft seit Jahren schon für die Rückgabe seiner Artefakte aus dem Museum unweit des Eiffelturms. Bislang vergeblich. Seine im Juli 2016 gestellte Forderung wurde nur wenige Monate später mit einem „Nein“ quittiert.

Begründet wurde die Verweigerung mit dem Gesetz, dass Kulturgüter, die sich schon lange im öffentlichen Besitz Frankreichs befinden, rechtmäßig Gemeingüter werden und somit unveräußerlich und unantastbar sind. Folge: Sie können nicht zurückgegeben werden, sind nicht restituierbar.

Benin hatte die Rückgabe von Statuen, Schmuck, Zeptern und einem Thron gefordert, die in den 1890er Jahren im Zuge der Eroberung des Landes nach Frankreich kamen. Paris hat nie geleugnet, dass es sich bei den Stücken um Beutekunst handelt. Alfred Amédée Dodds war ein französischer General, der eine wichtige Rolle bei der Kolonialisierung Westafrikas durch Frankreich spielte.

Im November vergangenen Jahres hat nun Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron anlässlich eines Afrika-Besuchs in Burkina Faso zur Überraschung vieler die Rückgabe des afrikanischen Kulturerbes in Frankreich und in europäischen Museen gefordert und versprochen: „Ich will, dass bis in fünf Jahren die Bedingungen für temporäre oder definitive Restitutionen gegeben sind.“

Schätzungen zufolge verfügt Europa über 90 Prozent des afrikanischen Kulturerbes. Allein in den Sammlungen des Pariser Musée Quai Branly befinden sich rund 70 000 Kunstwerke aus Subsahara-Afrika.

Benin ist nicht das erste Land, das an Frankreich eine Restitutionsforderung stellt, doch ist es die erste, die von einer ehemaligen Kolonie kommt. Laut dem beninischen Vertreter bei der Unesco, Irénéé Zevounou, befinden sich in Frankreichs Museen, Einrichtungen und privaten Sammlungen zwischen 4 500 bis 6 000 Kunstwerke aus dem westafrikanischen Staat.

Die Bestimmung, auf die sich Frankreichs Verweigerung stützt, geht auf ein Edikt aus dem Jahr 1566 zurück. Ziel des „Edit de Moulins“ war es, die französischen Herrscher daran zu hindern, sich nach ihrem Gutdünken der Kunstschätze zu bedienen.

Seit dieser Zeit sei es Fürsten, Königen und Präsidenten verboten, über die Gemeingüter zu verfügen, erklärte Yves-Bernard Debie, Jurist und Experte für Rechtsfragen zu Kunst und Kulturgütern. Die französischen Staatsoberhäupter gingen, doch die Gemeingüter blieben, so Debie.

In den vergangenen Jahren kam es jedoch zu Ausnahmen, etwa 2012, als mumifizierte Maori-Köpfe an Neuseeland zurückgegeben wurden. Doch für eine Antwort auf die Frage, wie mit der Kunst eines ganzen Kontinents umgegangen werden soll, fehlt eine allgemeine Rechtsgrundlage. Dafür müsse das Gesetz geändert werden, schlussfolgert Debie.

Soweit ist Frankreich aber noch nicht. Im November sollen die französische Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy und der senegalesische Schriftsteller und Wirtschaftswissenschaftler Felwine Sarr einen Bericht vorlegen, der die Bedingungen skizziert, unter denen die Artefakte zurückgegeben und in ihren Herkunftsländern geschützt werden könnten. Alles zuerst einmal in der Theorie.

Savoy, die in Berlin an der Technischen Universität und in Paris am Collège de France lehrt, hatte in Deutschland im Sommer 2017 eine Debatte über den Umgang des zukünftigen Berliner Humboldtforums mit seinen ethnologischen Sammlungen ausgelöst. Aus Protest gegen die ihrer Ansicht nach unzureichende Herkunftsforschung kolonialer Kulturgüter war Savoy aus dem wissenschaftlichen Beirat des Humboldt-Forums ausgetreten, das 2019 im Berliner Stadtschloss eröffnet werden soll.