Ladendiebe erbeuten weniger
Verluste des Handels durch Kriminalität gehen zurück. Dennoch fehlen Milliardenwertein den Kassen.
Köln. Hier ein schneller Griff ins Süßwarenregal, dort ein Paar Jeans in die Tasche gestopft: Im deutschen Einzelhandel sind im vergangenen Jahr nach Branchenschätzungen Waren im Wert von 3,7 Milliarden Euro verschwunden — fast ein Prozent des Gesamtumsatzes.
Doch die Gegenmaßnahmen der Händler scheinen erste Wirkungen zu zeigen: Denn im Vergleich zu 2009 sind die Inventurdifferenzen (Waren, die fehlen, aber nicht bezahlt wurden) um etwa fünf Prozent zurückgegangen. Das ergab eine Studie des Handelsforschungsinstituts Ehi in Köln.
Videokameras, Warensicherungssysteme und Detektive: Solche Sicherheitsmaßnahmen lässt der Handel sich jährlich rund 1,2 Milliarden Euro kosten. Man platziert Produkte, die häufig geklaut werden, nun an besser beobachteten Stellen im Laden. In Innenstädten patrouillieren Wachleute, die von der Händlergemeinschaft bezahlt werden.
Als wichtigstes Mittel im Kampf gegen Diebe gilt aber die Schulung der Mitarbeiter. „An der Supermarkt-Kasse auf typische Verstecke achten, im Bekleidungsgeschäft die Kunden fragen, ob man ihnen helfen kann — solche Dinge sind oft schon sehr effizient“, sagt Frank Horst, Leiter des Bereichs Inventurdifferenzen beim Ehi.
Beliebte Beute sind kleine, aber vergleichsweise teure Artikel wie Rasierklingen, Kosmetik, Zigaretten oder Batterien. In Bekleidungshäusern führen Jeans und Dessous die Diebstahl-Hitliste an, im Elektronikhandel sind es Konsolenspiele und CDs.
Nach Angaben des Handelsverbands HDE gibt es drei verschiedene Typen von Ladendieben: Gelegenheitsdiebe, Drogenabhängige, die mit Kriminalität ihre Sucht bezahlen, und organisierte Banden. „Letztere machen uns die größten Sorgen“, sagt HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. „Solche Banden haben sich auf hochwertige Waren wie Schmuck, Parfüm oder Lederjacken spezialisiert, die sie dann auf dem Schwarzmarkt weiterverkaufen.“
Neben den Ladendieben leisten auch eigene Mitarbeiter einen unrühmlichen Beitrag zum Thema Inventurdifferenzen: Rund 800 Millionen Euro gehen laut Ehi-Studie auf ihr Konto. So würden zum Beispiel Beträge an Leergutkassen abgezweigt oder fingierte Umtausch-Belege ausgestellt, erzählt Horst.