Lampenfieber im Advent - teures Lichterspektakel
Berlin (dpa) - Pünktlich zur Adventszeit wird Deutschland jedes Jahr um einige kuriose und grelle Schauplätze reicher. Ganze Häuser werden von oben bis unten und von rechts nach links mit leuchtenden Lämpchen und Weihnachtsmotiven verziert - ohne Rücksicht auf den rasenden Stromzähler.
Umweltschützer rufen dazu auf, wenigstens energiesparende LED-Lichterketten zu verwenden. Auch bei Wilhelm Balke aus der Gemeinde Wedemark bei Hannover ist wieder das vorweihnachtliche „Lampenfieber“ ausgebrochen. Seit einigen Jahren behängt der 60-Jährige sein Klinkerhaus mit Lichterketten, stellt bunte Rentiere, schlittenfahrende Pinguine und blinkende Glocken in den Vorgarten.
Wie viele Lampen seine opulente Dekoration zählt, kann er nur noch schätzen: „Das sind Zigtausende.“ Das per Zeitschaltuhr gesteuerte Lichtermeer ist ein teurer Spaß. „Für die Stromrechnung könnte ich schön in den Urlaub fahren“, sagt Balke, auch genannt „Weihnachtswilhelm“.
Martina und Sven Borchart aus dem niedersächsischen Delmenhorst teilen die Leidenschaft für üppige Weihnachtsbeleuchtung. Etwa 45 000 Lämpchen lassen ihre Doppelhaushälfte vom Gartenzaun bis zum Dachfirst erstrahlen. Ihr Heim hat sich als Adventsattraktion herumgesprochen und lockt viele Schaulustige an. Abends um 21.00 Uhr schalten die Borcharts den leuchtenden Weihnachtszauber, der jedes Jahr umfangreicher wird, aber wieder aus - Strom sparen.
Hunderte beleuchtete Weihnachtsfiguren verzieren einen Vorgarten in der Spreewaldgemeinde Straupitz in Brandenburg. Gisela Liebsch und Gerd Mörl haben rund 300 Weihnachts- und Schneemänner aufgestellt. Die teils lebensgroßen Figuren sind von Tannen, Lichterketten, Kerzen und Papiersternen umrahmt. „Die Leute kommen von überallher zu uns und bestaunen die Figuren“, erzählt die 66-Jährige.
Auch Thomas Bittelmeyer aus Friedrichshafen am Bodensee hat seinen kompletten Garten in eine bunte Weihnachtslandschaft verwandelt - Musik inklusive. Etwa 80 000 LED-Lichter haben er und seine Familie eingesetzt, wie der 43-Jährige sagt. Die rücken nun bunte Rentiere, Schneemänner, Weihnachtsbäume, Sterne und Schlitten ins Licht. Bittelmeyer gefällt ein bunter Pfau am besten: „Der sitzt auf dem Dach und blinkt zur Musik.“
Auch wenn die „Weihnachtshäuser“ wie in Niedersachsen, Brandenburg und Baden-Württemberg anständig protzen, generell sparen die Deutschen laut einer Umfrage dieses Jahr bei der Weihnachtsbeleuchtung. Durchschnittlich eine Lichterkette schmücke jeden Haushalt, ergab eine Anfang Dezember veröffentlichte repräsentative Befragung des Marktforschungsinstituts YouGov im Auftrag des Ökostrom-Anbieters Lichtblick. Das wären insgesamt sechs Milliarden Lämpchen und 15 Prozent weniger als 2012.
Ungeachtet des Stromsparens vieler privater Haushalte sind die Zahlen, die der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) für den öffentlichen Raum parat hat, imposant. Demnach wird für die Weihnachtsbeleuchtung auf dem Berliner Kurfürstendamm und Unter den Linden ein Verbrauch von 250.000 Kilowattstunden geschätzt. Zum Vergleich: Mit einer Kilowattstunde Strom lässt sich auf einem Elektroherd ein Mittagessen für vier Personen kochen, lassen sich 70 Tassen Kaffee kochen, 15 Hemden bügeln oder fünf Stunden fernsehen.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ruft daher alle zur Nutzung von energiesparenden LED-Lichterketten, die bis zu 90 Prozent weniger Strom benötigen, sowie zur Verwendung von Zeitschaltuhren auf. Denn der BUND vermutet, dass in den meisten Haushalten noch die alten Stromfresser-Lichterketten brennen. Die Umweltschützer wollen zwar niemandem den Spaß an der weihnachtlichen Leuchtdekoration verderben, wünschen sich insgeheim jedoch am liebsten, „dass die Leute vor einer Bienenwachskerze sitzen“.