„Laufen Marathon im Sprinttempo“
Die Kommunen müssen binnen Stunden Kapazitäten schaffen — und nutzen alle Mittel.
Düsseldorf. 3500 Flüchtlinge sind in Düsseldorf untergebracht - und die Zahl steigt von Woche zu Woche. „Für das zweite Halbjahr erwarten wir 350 bis 400 Zuweisungen pro Monat“, sagt die Flüchtlingsbeauftragte Miriam Koch. Die prognostizierte Zahl von 5000 bis Jahresende werde deutlich überschritten. Weil die Kapazitäten in den zentralen Notunterkünften des Landes NRW für Flüchtlinge ausgelastet sind, greift das Land derzeit auf schnelle Hilfe diverser Kommunen zurück — darunter Düsseldorf, Wuppertal oder Mönchengladbach. Vor zwei Tagen musste etwa Düsseldorf kurzfristig Plätze für 150 Personen bereitstellen. „Innerhalb von 24 Stunden ist es gelungen, im alten Finanzamt an der Rossstraße weitere Flure in Beschlag zu nehmen“, sagt Koch. Weitere 50 Plätze bietet seit gestern die Turnhalle an der Gerresheimer Landstraße.
Rund 900 Flüchtlinge sind in Hotels untergebracht, 1143 in angemieteten Wohnungen. Weitere Plätze wurden in Sammelunterkünften, einer Containeranlage, Turnhallen und ehemaligen Schulen geschaffen. Im Oktober sollen acht Containerstandorte entstehen, auch zwei Zelthallen auf einer Grünfläche an der Borbecker Straße, die jeweils Platz für 50 Personen bieten. Zwei Traglufthallen sind schon bestellt, Ende September sollen sie auf zwei städtischen Grundstücken aufgestellt werden — mit Platz für je 300 Menschen. Zurzeit laufen auch Gespräche mit einer Bremer Firma, die Kapazitäten auf einem Hotelschiff gemeldet hat. Die Idee, die Kirmeszelte nach Ablauf der Rheinkirmes für die Unterbringung zu nutzen, wurde verworfen.
Zelte wird es absehbar in Wuppertal nicht geben. Die Stadt wird als NRW-weit vorbildlich gefeiert, weil mehr als 80 Prozent der derzeit etwa 3000 dort lebenden Flüchtlinge in Mietwohnungen leben — akquiriert und bezahlt von der Kommune, die mit kaum mehr als 20 Prozent vom Land unterstützt wird. Etwa 1000 Flüchtlinge sind in diesem Jahr dazu gekommen, weitere 1000 sollen in der 343 000-Einwohner-Stadt bis Jahresende folgen. „Wir schaffen das, weil hier alle Mitarbeiter bis an die Grenze arbeiten. Wir laufen derzeit einen Marathon im Sprinttempo“, sagt Wuppertals Sozialdezernent Stefan Kühn (SPD). Etwa 550 Flüchtlinge sind derzeit in einem Übergangswohnheim untergebracht. Ist über ihren Status entschieden, beginnt die Verteilung auf den verbliebenen freien Wohnraum. „Ein paar Reserven haben wir noch“, sagt Kühn. Aber auch in Wuppertal wird es schwieriger, immer kurzfristiger verlangt die Bezirksregierung nach Lösungen. „Wir bekommen Probleme, weil wir letztlich Landesaufgaben erfüllen“, sagt Kühn. Impfung, Clearing, vierwöchige Erstunterbringung — all das müsse nun auch die Kommune leisten.
1460 Flüchtlinge sind in Krefeld untergebracht. Ursprünglich hatte die Seidenstadt bis zum Jahresende mit 1800 Asylbewerbern gerechnet. Diese Zahl könnte auf 2000 Flüchtlinge steigen. Die ehemalige Hauptschule Wehrhanweg soll als Flüchtlingseinrichtung hergerichtet werden — für weitere 200 Menschen. Ohne größere brandschutztechnische Maßnahmen dürfen die Räumlichkeiten aber nur mit 60 Personen belegt werden.
Auch Velbert musste gestern sofort 150 neue Flüchtlinge unterbringen. Dazu ließ die Verwaltung binnen 24 Stunden eine Sporthalle im Stadtteil Neviges mit Feldbetten ausstatten. „So eine Situation hatten wir noch nie“, sagt Velberts Erster Beigeordnete Holger Richter. Im Schnitt wurden Velbert bisher 15 Flüchtlinge in der Woche zugewiesen. Die Notunterkunft ist auf drei Wochen beschränkt.