Nach Aus für Impfpflicht Lauterbach: Strengere Maskenpflicht und Co. im Herbst wohl wieder nötig

Was bedeutet das Aus für die Corona-Impfpflicht für den Verlauf der Corona-Pandemie? Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geht davon aus, dass wieder strengere Maßnahmen nötig werden - und warnte, die tägliche Zahl der Toten auszublenden.

Karl Lauterbach blickt pessimistisch auf den Herbst.

Foto: dpa/Carsten Koall

Das Robert-Koch-Institut (RKI) geht nach den Worten seines Präsidenten Lothar Wieler davon aus, dass die Zahl der Corona-Fälle in Deutschland weitaus höher ist als offiziell erfasst. "Wir haben gesehen über die letzten zwei Jahre, dass die Untererfassung immer so ungefähr um Faktor zwei ist", sagte Wieler am Freitag in Berlin. "Das hieße also, wir gehen von mindestens mal doppelt so vielen Infektionen aus."

In der aktuellen Corona-Welle, ausgelöst durch die besonders ansteckende Omikron-Variante, sei die Dunkelziffer vermutlich noch höher. Die Infektionszahlen seien so hoch gestiegen, dass "das einfach nicht mehr zu händeln ist", sagte Wieler zur Begründung.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warb angesichts der weiterhin hohen Infektionszahlen dafür, dass die Länder mehr von der im Infektionsschutzgesetz vorgesehenen Hotspot-Regelung Gebrauch machen. "Aus meiner Sicht könnte ja die Hotspot-Regelung viel mehr genutzt werden", sagte er während der gemeinsamen Pressekonferenz mit Wieler. Er verwies insbesondere auf die Lage in bestimmten Städten, in denen es in den Krankenhäusern bereits deutliche Probleme gebe.

Lauterbach warnte außerdem davor, die Zahl der aktuell 200 bis 300 Corona-Todesfälle am Tag auszublenden. In der Bevölkerung scheine es zu diesem Punkt eine "gewisse Abstumpfung" zu geben. Man habe sich offenbar "ein Stück weit an diese Totenzahlen gewöhnt". Er könne das nicht akzeptieren, betonte Lauterbach. "Was auf jeden Fall nicht stattfinden wird, ist, dass man eine Corona-Politik macht, die danach geht, woran sich die Bevölkerung gewöhnt hat", versicherte er. "Sondern wir müssen die Bevölkerung schützen."

Lauterbach: Maskenpflicht im Herbst wohl nötig

Nach der Entscheidung des Bundestags gegen eine Corona-Impfpflicht sieht Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) keinerlei Möglichkeiten mehr für einen weiteren Abbau der Eindämmungsmaßnahmen gegen die Pandemie. "Das, was wir an Lockerungen machen konnten, haben wir verbraucht", sagte er am Freitag in Berlin. Für weitere Schritte gebe es "keinen Spielraum".

Mit den aktuellen Eindämmungsmaßnahmen auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes werde das Land zudem "im Herbst mit Sicherheit nicht über die Runden kommen", fügte Lauterbach hinzu. Es werde beispielsweise "mit großer Wahrscheinlichkeit" nicht ohne die Wiedereinführung einer Maskenpflicht in vielen Bereichen gehen. Deshalb müsse das Gesetz noch einmal geändert werden.

Wäre die Impfpflicht beschlossen worden, seien vermutlich "mehr Freiheiten im Infektionsschutzgesetz" möglich gewesen, sagte Lauterbach. Die Impfpflicht wäre aus seiner Sicht "dringend nötig" gewesen.

Ein Gesetzentwurf für eine Corona-Impfpflicht für alle ab 60 war am Donnerstag im Bundestag gescheitert. "Das war eine schlechte Woche für den Schutz der Bevölkerung vor der Corona-Infektion", sagte Lauterbach dazu. Die Bundestagsentscheidung sei "eine klare und auch bittere Niederlage für alle Impfpflichtbefürworter", auch für ihn selbst.

Sie sei zugleich eine schlechte Nachricht für das Gesundheitspersonal, dass Corona-Patienten betreue, und für alle Angehörigen von vulnerablen Gruppen. Außerdem handele es sich um eine "traurige Nachricht" in Bezug auf die schweren Erkrankungen und Todesfälle, die durch eine Impfpflicht hätten verhindert werden können.

Lauterbach bekräftigte, dass er weiter Gespräche im Bundestag zum Thema Impfpflicht führen wolle. Er sei dabei aber "sehr skeptisch", räumte er ein.

Er wolle nun "noch einmal an eine kreative Kampagne für die Impfung herangehen", kündigte Lauterbach zugleich an. "Wenn wir das kreativ und gut machen", könne die Impfquote bis zum Herbst noch erhöht werden.

(afp)