Le-Corbusier-Häuser in Stuttgart sind Weltkulturerbe
Stuttgart (dpa) - Zwei Häuser der Stuttgarter Weissenhofsiedlung des Stararchitekten Le Corbusier gehören nach zwei vergeblichen Anläufen jetzt zum Weltkulturerbe. Die Unesco nahm am Sonntag in Istanbul Bauwerke Le Corbusiers in sieben Ländern auf die Liste des Welterbes auf, wie die Kulturorganisation der Vereinten Nationen mitteilte.
Ursprünglich sollte die Entscheidung bereits am Samstag fallen. Das Welterbekomitee hatte seine Sitzung aber wegen des Putschversuchs in der Türkei unterbrochen. Die Zahl der Welterbestätten in Deutschland stieg mit der Neuaufnahme in Stuttgart auf 41.
„Es ist ein großartiger Erfolg für ganz Baden-Württemberg“, sagte Baden-Württembergs neue Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU). Die Gebäude seien ein Vorbild für moderne Wohnweise und Ästhetik. „Wir können stolz auf das vielfältige kulturelle Erbe Baden-Württembergs sein.“ In dem Bundesland liegen nun insgesamt fünf Welterbestätten.
Das Welterbekomitee hatte am Sonntag in Istanbul 17 Arbeiten Le Corbusiers in die Liste schützenswerter Kulturgüter aufgenommen. Es geht dabei um Bauwerke in sieben Ländern auf drei Kontinenten. Der schweizerisch-französische Architekt und Stadtplaner Le Corbusier (1887-1965) habe die Architektursprache international revolutioniert, hieß es bei der Sitzung des Welterbe-Komitees in Istanbul.
Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) bewertete die Weissenhofsiedlung als auch nach fast 100 Jahren noch vorbildhaft: „Le Corbusiers Impuls, günstige Wohnungen mit innovativen Grundrissen und neuen Materialien zu bauen, ist noch immer wegweisend und muss daher Ansporn für unsere Architekten und Stadtplaner sein.“ Die Stadt und das Land hatten sich bereits seit 2003 um die internationale Anerkennung als Welterbe beworben.
Die gesamte Weissenhofsiedlung mit ihren noch 11 von ursprünglich 33 im Original erhaltenen kubischen Flachdachhäusern solle weiterhin im Zentrum der Arbeit zum kulturellen Erbe stehen, wie die Schwabenmetropole mitteilte. Aktuell werde für die Siedlung in Kooperation mit fünf weiteren europäischen Werkbundsiedlungen der 1920/30er-Jahre ein Antrag für das Europäische Kulturerbesiegel vorbereitet.
Der internationale Antrag für die Aufnahme der Le-Corbusier-Bauten war zuvor zweimal abgelehnt worden. An der überarbeiteten Form hatten sich zuletzt neben Deutschland auch Argentinien, Belgien, Frankreich, Indien, Japan und die Schweiz beteiligt. Der Antrag betonte die herausragende Bedeutung Le Corbusiers für die Architektur des 20. Jahrhunderts. Das Werk sei Zeugnis der Globalisierung der Moderne, hieß es.
„Seine nun zum Erbe der gesamten Menschheit gehörenden Werke verkörpern typologisch den radikalen Bruch mit vormals verwendeten Stilen, Designs, Methoden, Technologien und Bautechniken“, sagte Hartwig Lüdtke, Vizepräsident der Deutschen Unesco-Kommission, einer Mitteilung zufolge. Le Corbusiers Bauten in Stuttgart seien „Ikonen der Baugeschichte“. Als Welterbe ausgezeichnet wurden unter anderem auch die Regierungsgebäude von Chandigarh (Indien), das Nationalmuseum für westliche Kunst in Tokio (Japan) sowie das Haus von Dr. Curutchet in La Plata (Argentinien).
Am Freitag hatte die Unesco mehrere Stätten aus Europa und Asien zum Weltkulturerbe erklärt, darunter das antike Philippi in Griechenland. Insgesamt lagen der Kulturorganisation der Vereinten Nationen 27 Nominierungen vor. Die zwei Häuser der Stuttgarter Weissenhofsiedlung waren die einzigen Nominierungen aus Deutschland. Am Sonntag wurden außerdem unter anderem das Architekturensemble von Oscar Niemeier in Pampulha (Belo Horizonte) in Brasilien und die historische Hafenanlage in English Harbour an der Südküste der Karibikinsel Antigua zum Welterbe erklärt.
Wegen der gespannten Sicherheitslage in der Türkei beendete das Welterbekomitee seine 40. Sitzung am Sonntag vorzeitig. Ursprünglich sollten die Beratungen bis zum 20. Juli andauern. Die nicht erledigten Tagesordnungspunkte sollen bei einer außerordentlichen Sitzung nachgeholt werden. Das Komitee setzt sich aus 21 gewählten Vertragsstaaten zusammen. Jährlich entscheiden die Experten über die Neuaufnahme von Kultur- und Naturstätten in die Liste des Welterbes.