Mordfall Susanna „Weder Reue noch Mitgefühl“ - Ali B. zu lebenslanger Haft verurteilt
Wiesbaden · Rund ein Jahr nach dem Tod der 14-jährigen Susanna aus Mainz hat das Wiesbadener Landgericht den angeklagten Ali B. zu lebenslanger Haft verurteilt. Außerdem hat es die besondere Schwere der Schuld festgestellt.
Der wegen Mordes an der 14-jährigen Schülerin Susanna aus Mainz zu lebenslanger Haft verurteilte Ali B. hat aus Sicht des Gerichts kein ernstzunehmendes Wort des Bedauerns geäußert. Er habe „weder Reue noch Mitgefühl“ gezeigt, erklärte der Vorsitzende Richter Jürgen Bonk in seiner Urteilsbegründung am Mittwoch vor dem Landgericht Wiesbaden. „Eine Verantwortungsübernahme hätte das Geschehene nicht ungeschehen machen können“, sagte Bonk. Sie hätte aber Susannas Mutter die Chance gegeben, einen Neuanfang in einem Leben ohne Susanna zu erreichen. Dazu sei der Angeklagte jedoch nicht bereit, vielleicht auch nicht in der Lage gewesen.
Die Richter stellten in ihrem Urteil zudem die besondere Schwere der Schuld fest. Eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren ist damit für den irakischen Flüchtling so gut wie ausgeschlossen. Das Landgericht sah es als erwiesen, dass der 22-Jährige Susanna vor mehr als einem Jahr in einem Waldgebiet in der Nähe des Wiesbadener Stadtteils Erbenheim vergewaltigt und ermordet hat.
Weder Susannas Mutter noch die Freundinnen des Mädchens müssten sich vorwerfen lassen, irgendetwas falsch gemacht zu haben, erklärte Bonk. Am Ende des Prozesses stehe eines unumstößlich fest, sagt Bonk an Ali B. gewandt: „Allein Sie, niemand anderes, trägt die Schuld am Tod von Susanna“. Ausdrücklich würdigte er das Verhalten von Susannas Mutter und ihre Zeugenaussage, die ihm persönlich Respekt abnötige. Damit sei es ihr eindrücklich gelungen, Spekulationen über Susannas Lebenswandel und das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter auszuräumen.
Ali B. sei keine sozial verwahrloste Person, sondern habe bis zu seinem 18. Lebensjahr im Nordirak in einem Familienverband mit strengen Regeln, auch zum Verhältnis der Geschlechter gelebt, sagte Bonk über den Angeklagten. In Deutschland habe er dann die Möglichkeit zum Zugang zu Frauen, auch zu sexuellen Kontakten gehabt und gezielt nach sehr jungen, noch unsicheren Mädchen gesucht.
Mit dem Urteilsspruch folgten die Richter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Vertreter der Anklage hatten dem irakischen Flüchtling vorgeworfen, Susanna erwürgt zu haben, um die Vergewaltigung zu verdecken. Er habe kaltblütig, zielgerichtet und heimtückisch gehandelt. Die Verteidigung hatte keinen konkreten Strafantrag gestellt.
Die Leiche des Mädchens aus Mainz war am 6. Juni 2018 in einem Erdloch in der Nähe von Bahngleisen in Wiesbaden gefunden worden. Rund zwei Wochen nach dem Verschwinden von Susanna waren die Einsatzkräfte nach einem Zeugenhinweis auf das Versteck mit dem toten Mädchen gestoßen.
Kurz nach dem Tod von Susanna hatte sich Ali B. mit seiner Familie in seine Heimat abgesetzt. Im kurdisch kontrollierten Nordirak wurde er jedoch wenige Tage danach gefasst und von der Bundespolizei nach Deutschland zurückgebracht. Der Fall hatte eine bundesweite Debatte um die Flüchtlingspolitik ausgelöst.
Ali B. hatte zum Prozessauftakt gestanden, das 14-jährige Mädchen umgebracht zu haben. Die Vergewaltigung bestritt er. Bei Susannas Mutter entschuldigte sich der Angeklagte in seinem letzten Wort vor Gericht. In einem weiteren Prozess muss sich der Iraker wegen der Vergewaltigung eines elfjährigen Mädchens verantworten. Dieses Verfahren findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.