Leiche im Wrack des Tankschiffs „Waldhof“ gefunden
St. Goarshausen (dpa) - Vor hunderten Schaulustigen haben starke Kräne den havarierten Säuretanker „Waldhof“ im Rhein aufgerichtet. Im Inneren des Schiffes fanden die Helfer eine Leiche. Im Maschinenraum soll nach dem zweiten Vermissten gesucht werden.
Einen Monat nach der Havarie wurde die „Waldhof“ von Bergungsspezialisten angehoben und gedreht. „Wir haben das Schlimmste hinter uns. Uns fallen viele Steine vom Herzen“, sagte der Staatssekretär des rheinland-pfälzischen Innenministeriums, Roger Lewentz (SPD), am Sonntag. Zuvor war befürchtet worden, das auf der Seite liegende Schiff könnte bei der Bergung auseinanderbrechen. Im Inneren des Tankers fanden die Bergungsspezialisten eine männliche Leiche. An diesem Montag sollte die Suche im Maschinenraum fortgesetzt werden. Seit dem Schiffsunfall war nach zwei vermissten Bootsleuten gesucht worden.
Man müsse jetzt klären, welcher der beiden Vermissten gefunden wurde, sagte Lewentz. Nachdem das Schiff aufgerichtet worden war, konnte erstmals der Wohnbereich des Tankers untersucht werden. Aus diesen völlig zerstörten Räumen sei die Leiche geborgen worden.
Der Leiter des Binger Wasser- und Schifffahrtsamtes Martin Mauermann sagte: „Wir haben unser Ziel erreicht, den Havaristen zu heben und schwimmfähig zu machen.“ Bis zum Abend war die „Waldhof“ aus der Fahrrinne gezogen worden - für Mauermann „das Wichtigste“. Noch am Sonntagabend wurde die Schifffahrt stromaufwärts wieder freigegeben. Der rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) schätzte, dass noch zehn Prozent bis zum Abschluss der Bergung fehlten. Die „Waldhof“ soll an diesem Montag noch in den Loreleyhafen gezogen werden.
An der Unglücksstelle war seit den Morgenstunden Wasser aus den Tanks des Havaristen gepumpt worden, um ihm Auftrieb zu geben. Drei Kräne waren im Einsatz. Am Mittag war das Schiff bereits fast in Normallage. Damit liefen die Bergungsarbeiten der Spezialfirma Mammoet, die 2001 das russische Atom-U-Boot „Kursk“ aus den Tiefen der Barentssee gehoben hatte, deutlich schneller als erwartet. Die Niederländer hatten volle zwei Tage dafür angesetzt. „Wir sind mit dem Verlauf mehr als zufrieden“, sagte Lewentz.
„Wir haben hier einen Großeinsatz zu bewältigen gehabt, wie man ihn am Rhein noch nicht gekannt hat“, sagte Lewentz. Das 110 Meter lange Schiff war am 13. Januar mit 2400 Tonnen Schwefelsäure an Bord nahe des Loreleyfelsens aus ungeklärter Ursache gekentert. Zwei Besatzungsmitglieder wurden danach gerettet.
Bruch sagte mit Blick auf die Arbeiten seit dem Unfall: „Wir können froh sein, wie es gelaufen ist.“ Die Probleme seien vielfältig gewesen. „Wir hatten alles, was man bei solch einer Lage nicht gebrauchen kann.“ Für eine Schätzung der Kosten sei es viel zu früh.
Auf dem Weg zur Bergung sahen sich die Experten immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt. Erst verzögerte das Hochwasser die Anfahrt der Kräne, weil sie wegen des hohen Wasserstands nicht unter den Rheinbrücken durchkamen. Dann bildete sich wegen der Strömung eine mehrere Meter tiefe Mulde an der „Waldhof“, das Schiff drohte abzurutschen. Als diese Gefahr mit Hilfe weiterer Stahlseile gebannt war, entdeckten Chemiker, dass sich in der mit Wasser gemischten Säure Wasserstoff gebildet hatte. Stickstoff wurde deshalb tagelang in die Tanks gepumpt und verdrängte das hochexplosive Gas.
Zuletzt musste die Einsatzleitung sogar ein Auseinanderbrechen des Havaristen fürchten. Nachdem man angefangen hatte, die Säure aus einem der sieben Tanks zu pumpen, verbog sich der Schiffsrumpf. Aufgrund der enormen Spannung entstanden Beulen an dem Tanker. Die Behörden ließen daher kontrolliert Schwefelsäure in den Rhein ab. Bis auf einen Rest von 100 Tonnen wurde die Säure in den Fluss oder auf ein anderes Schiff gepumpt. Behörden und Umweltschutzverbände sprachen von nur geringen Beeinträchtigungen der Natur. Beim Mischen der Chemikalie mit Wasser entstehen vor allem hohe Temperaturen.