Lena begeistert beim Tourauftakt
Berlin (dpa) - Lena hat ihre Reifeprüfung bestanden: Das erste abendfüllende Konzert der Grand-Prix-Siegerin war ein Erfolg. Geschätzte 4000 bis 5000 Fans jubelten der 19-Jährigen zum Start ihrer Deutschlandtournee am Mittwochabend in Berlin begeistert zu.
Über eineinhalb Stunden lang lieferte sie eine poppige Bühnenshow, sang fast alle Songs ihrer beiden Alben „My Cassette Player“ und „Good News“ und witzelte auf ihre unbekümmerte Art mit den Fans. Gleichzeitig war aber auch zu spüren, welch hoher Druck auf ihr lastete und dass sie nicht nur „tierisch aufgeregt“, sondern auch „supernervös“ war, wie sie einen Tag vor dem Konzert im dpa-Interview zugegeben hatte. Zwar stand Lena Meyer-Landrut 2010 schon vor 100 Millionen Fernsehzuschauern auf der großen Eurovisions-Bühne - doch das dauerte gerade einmal einen Song lang, also drei Minuten. Eine eigene Tour mit knapp zwei Dutzend Songs und über 90 Minuten Länge pro Konzert - das ist eine ganz andere Nummer.
Zumal die Macher der Tour in der Lena-Euphorie des Frühjahrs 2010 nicht etwa die kleineren oder mittleren Hallen gebucht hatten, wie für Newcomer üblich, sondern gleich die ganz großen Arenen. Als dann noch der Vorverkauf eher schleppend anlief und Lenas Hauptsponsor Opel sogar 10 000 Tickets für die neun Konzerte verschenkte, machte schnell das Bild des sinkenden Lena-Sterns die Runde.
Doch dem konnte Lena entgegenwirken: Zwar blieben auch beim Auftaktkonzert in der Berliner O2 World etliche Sitzreihen leer - auch für die restlichen Konzerte gibt es noch Tickets -, dennoch war die Halle noch ganz ordentlich gefüllt, und der Funke sprang schnell über. Erst „Lena, Lena“-Sprechchöre, dann der erste Song „Not Following“ - und zumindest im bestuhlten Innenraum standen die Zuschauer schon.
Dabei macht sie gar nicht viel, Lena ist einfach Lena. In Turnschuhen, schwarzer Jeans, schwarzem Shirt und Collegejacke kommt sie daher wie das kecke Mädchen von nebenan. Sie singt ihre Songs, einen nach dem anderen, ohne großen Firlefanz - dabei quiekt sie zuweilen. Ein großes Stimmwunder ist sie nicht, aber die meisten Lieder sind dafür sehr gut ihrer Stimmlage angepasst. Und das Programm wechselt geschickt zwischen Balladen und Elektro-Pop, Singer/Songwriter-Nummern und typischen Partyknallern aus der Feder von Mentor Stefan Raab.
Für Abwechslung sorgt die Show hinter und neben Lena - und bei der wird auch klar, warum keine kleinen Clubs gebucht werden konnten: Wer so mit Licht, Farben und Effekten um sich wirft, braucht die große Showbühne. Ein Dutzend Leute stehen dort mit Lena: Eine routiniert-gute Live-Band auf beleuchteten Podesten, die aussehen wie umgedrehte Riesen-Muffin-Förmchen; vier Tänzerinnen, drei Backgroundsängerinnen. Bunte Sterne und Herzen erglühen auf den Leinwänden, grellbunte Lichter blenden die vielen, aber nicht ausschließlich jungen Zuschauer und lassen so die leeren Sitzplätze im Dunkel verschwinden.
Lena tänzelt dazwischen herum, streicht die langen braunen Haare aus dem Gesicht. Immer wieder bedankt sie sich überschwänglich bei den Fans: „Dankeschön von ganzem Herzen. Das war der allerbeste Tourauftakt, den jemals jemand haben konnte.“ Und man kann die Steine förmlich von ihrem Herzen purzeln hören.
Ihre beiden größten Hits - Grand-Prix-Gewinner „Satellite“ und ihr aktuelles Eurovisions-Lied „Taken By A Stranger“ - hebt sie sich bis fast ganz zum Schluss auf. Und dabei gibt sie möglicherweise schon einen Vorgeschmack auf ihren Auftritt beim Eurovisions-Finale am 14. Mai in Düsseldorf: Grellweißes Licht blitzt aus Scheinwerfern von schräg unten in die Halle, Tänzerinnen in glänzenden Ganzkörper-Anzügen huschen passend zur Mystik-Elektro-Nummer über die Bühne.
Plötzlich schließt man nicht mehr aus, dass es bei der Mission Titelverteidigung zu einem vorderen Platz reichen könnte - womit Lena dann wieder einmal alle Kritiker widerlegt hätte.