„Let's Dance“: Gaultier lässt die Models tanzen
Paris (dpa) - Dass Mode den Saal zum Kochen bringt, geschieht auch im kleiderverliebten Paris eher selten. Der Designer Jean Paul Gaultier schaffte das am Samstagabend mit einer als heißer Tanzwettbewerb inszenierten Prêt-à-Porter-Parade.
Das Spektakel im Stil einer Fernsehshow wie „Let's Dance“ zeigte Topmodel Coco Rocha im Disco-Stil von John Travolta, Mannequin Hannelore Knuts als Femme Fatale im Tango-Schritt und die Schauspielerin Rossy de Palma als schrilles, am Ende prügelndes Jury-Mitglied. Die Modeszene jubelte. Dass die Kleider - auf Figur geschnittene Bikerjacken und Bleistiftröcke aus Leder, seidene Jogginghosen und Fransenkleider - dabei zur Nebensache gerieten, spielte angesichts der Top-Stimmung keine Rolle mehr.
Eher beschaulich hatte der fünfte Tag der Pariser Schauen für Frühjahr/Sommer 2014 begonnen mit den auf Puppen drapierten Entwürfen des Australiers Martin Grant. Die Gäste konnten die Details aus der Nähe betrachten, etwa die grafischen Muster eines Seidenjacquards, die präzisen Plissees von weiten Ballerina-Röcken oder die von Schwimmanzügen inspirierten schwarzen Oberteile. Die klassischen Klänge eines Kammer-Ensembles begleiteten diese ruhige Inszenierung.
Das zivilisierte Ambiente bei Grant stand in krassem Gegensatz zur Eingangssituation bei Viktor & Rolf. Durch den verspäteten Einlass ins Schauenzelt in den Tuilerien bildete sich ein nerviges Gedrängel. Drinnen stand die Luft. Die Kollektion wirkte fein gearbeitet, doch bildete sie kein Highlight der Saison. Zu einer Cover-Version von Pink Floyds „Another Brick in The Wall“ schritten adrette Models in einem Look zwischen „Swinging Sixties“ und Sport-College über den Laufsteg. Neben bestickten Minikleidern mit kleinem Kragen gab es Hosenröcke mit Karomustern, weiße Blusen mit Lochmuster und kunstvoll in gegeneinander laufende Falten gelegte Röcke.
Die Designer des deutschen Labels Odeeh Otto Drögsler und Jörg Ehrlich waren, wie sie nach ihrer Schau erklärten, zunächst von Streifenkombinationen ausgegangen. Sie entwickelten daraus viel mehr als simple Linien, legten ihre Steifen längs und quer, druckten sie auf Seide und schwelgten in feinen Farbharmonien. Einige Drucke erinnerten an die Art Déco der klassischen Moderne, andere an konstruktivistische Maler. Damit das Ganze nicht zu abgehoben wirkte, arbeiteten die beiden Modemacher mit einer sportlich entspannten Silhouette: Wadenlange Hosen waren mit Tunnelzug wie Jogging-Pants gearbeitet, Seidenoberteile fielen als lose Hemden locker herab. Bei den Farben stach besonders ein goldiges Altrosé heraus mit einem ungewöhnlichen Nelkenmuster.
Nur einen Steinwurf von der Odeeh-Schau im Marais-Viertel entfernt präsentierte der Frankfurter René Storck seine erlesenen Entwürfe in einem kleinen Showroom. Storck galt bis vor etwa zwei Jahren als eines der größten Talente der deutschen Mode, verschwand aber nach dem Absprung eines Investors eher ungewollt von der Bildfläche. Seine neue Marke René führt er in Eigenregie: Jacken aus gewaschener Wolle, lässig wie Strick-Cardigans, kragenlose Trenchcoats, strahlend weiße Baumwollblusen und Lederhosen bilden die Basis. „Versteckter Luxus“ nennt Storck die Haltung dahinter.