Literatur: Die Bestseller in der NS-Zeit
Eine Studie gibt erstmals Einblick in Lesegewohnheiten während des Dritten Reichs.
Berlin. Zuerst verbrannten sie die Bücher, dann brummten die Druckereien: Im Umgang mit der Literatur verbanden die Nationalsozialisten hemmungslos Unterdrückung mit Propaganda.
Zu welchen Büchern griffen aber die Deutschen zwischen 1933 bis 1945? Die Studie "Lesen unter Hitler - Autoren, Bestseller, Leser im Dritten Reich" gibt erstmals Einblick in die Lesegewohnheiten dieser Zeit.
Der Lektor und Schriftsteller Christian Adam hat sich 350 Titel vorgenommen und ihre Entstehung sowie Wirkung analysiert.
Neben dem Dauer-Spitzenreiter "Mein Kampf" (Auflage 12,5 Millionen Exemplare) standen in deutschen Wohnzimmern Bücher, die sich auch nach dem Krieg gut verkauften.
Karl May war Adolf Hitlers Lieblingsautor. Am beliebtesten bei den Bürgern waren Margaret Mitchells Drama "Vom Winde verweht", Heinrich Spoerls Anekdotensammlung "Mann kann ruhig darüber sprechen" und Johanna Haarers Ratgeber "Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind" zur "Aufzucht des Neugeborenen".
Entgegen einer weit verbreiteten Annahme war Hitlers Literaturpolitik nicht aus einem Guss, sondern ein chaotisches Nebeneinander von Behörden und Bürokraten. Auf keinem anderem Gebiet war der Kompetenz-Wirrwarr größer. Es gab mindestens 20 Zensurstellen.
Die Parteiführung oder Joseph Goebbels’ Propaganda-Ministerium, das Amt des NS-Ideologen Alfred Rosenberg oder die Reichsschrifttumskammer - diese und andere Instanzen wollten festlegen, wer in Deutschland publizieren konnte und was nicht gelesen werden durfte.
Für Rosenberg war Unterhaltungsliteratur Gift für die richtige Gesinnung. Goebbels sah dagegen mit der sich abzeichnenden Kriegsniederlage die leichte Lektüre als soziales Ventil.
Einer der kuriosesten Erfolge ist wohl "Mensch und Sonne. Arisch-olympischer Geist" mit Tipps zum Nacktwandern, zu Lehmbädern und zum unbekleideten Skifahren. Hier wurde sexuelle Freizügigkeit an den "Rassegedanken" gekoppelt und dem "deutschen Körper" gehuldigt.
Zur Abteilung weiche Propaganda gehörten die Bilderalben des Zigarettenherstellers Reemtsma. Wie in einer Art Panini-Album wurden mit den Zigaretten die Fotos von Nazi-Größen zum Einkleben verkauft. Es gab Arztromane ("Angela Koldewey"), Kriegsliteratur ("Narvik") und Einladungen zum Heldentod ("Mein Weg nach Scapa Flow"). Die Titel wurden millionenfach verkauft und sollten Männer anspornen, sich für die Marine und die U-Boot-Waffe zu melden.