Löwen im Hauptstadt-Zoo - Ende einer Tradition nach Inzucht?

Kranke Löwen mit Gendefekten wegen Inzucht? Gegen den Berliner Zoo werden schwere Vorwürfe laut. Im ältesten Zoo Deutschlands ist die Empörung groß.

Berlin. Löwen mit eindrucksvoller Mähne und verspielte Raubkatzenbabys sind stets Besuchermagnete in deutschen Tiergärten. Auch der älteste Zoo Deutschlands in Berlin präsentierte vor knapp zwei Jahren noch stolz die Löwenbabys Miron und Nathan, die mit der Flasche aufgezogen wurden. Doch nun gibt es keine Junglöwen mehr im Zoo.

Der kranke Miron wurde eingeschläfert, sein zweijähriger Zwillingsbruder Nathan an einen Zoo in Mittelamerika abgegeben. Geht eine Löwen-Tradition nach rund 150 Jahren im Zoo zu Ende? In die Frage mischen sich Vorwürfe, dass wegen Inzucht in den vergangenen Jahren mehrere Junglöwen im Zoo starben oder getötet werden mussten. Kranke Löwen mit Gendefekten wegen Inzucht?

Im Zoo wird das als „reine Polemik“ zurückgewiesen. „Wir lassen uns in die Löwenzucht nicht reinreden“, sagt genervt Kurator Heiner Klös. Die Miron-Löweneltern Aru und Aketi sind Geschwister, sie kamen 2009 aus Wuppertal in die Hauptstadt. Insgesamt drei ihrer Jungtiere seien wegen körperlicher Schäden eingeschläfert worden, zwei weitere bei einem Unfall gestorben, räumt Klös ein. „Unter der jetzigen Konstellation gibt es keinen Nachwuchs mehr bei den afrikanischen Löwen.“ Aketi bekomme die Pille. Amira, das Weibchen des zweiten Löwenpaares auf der rund 2000 Quadratmeter großen Anlage, sei sterilisiert worden. „Es wird sich zeigen, wie es weitergeht“, lässt der Kurator alles offen. „Wir stehen ja nicht unter Zeitdruck.“

Löwen gehörten im 1844 eröffneten Zoo seit langem zu den Attraktionen. Laut Hauptstadt-Zoo sind Löwen in etwa 200 europäischen Tiergärten zu sehen. Der Förderverein von Zoo und Tierpark verweist auf einen anderen Aspekt: Die alte Löwenanlage aus dem Jahr 1936 müsste in den nächsten Jahren auch saniert werden. Subventionen aus der Landeskasse bekommt der Zoo nicht.

Zoochef Bernhard Blaszkiewitz betont, es gebe in den Berliner Tiergärten keine unzeitgemäße Haltung. Inzucht schädige nur das Erbgut, wenn zum Beispiel Krankheiten weitergegeben werden. Viele Wildtiere existierten nur noch, weil wegen des geringen Bestandes verwandte Tiere verpaart wurden. Auch in freier Natur gebe es starke Bestände beispielsweise von Nördlichen See-Elefanten, die sich aus wenigen Ausgangstieren entwickelt hätten.

Die Tierschutzexpertin der Berliner Grünen, Claudia Hämmerling, wirft Zoo und Tierpark dagegen planmäßige Inzucht von Tieren vor. „Inzucht ist Programm“, sagt sie. Wenn ein Giraffenbulle seit 20 Jahren immer wieder mit Töchtern und Enkeln Nachwuchs zeuge, sei das kein Zuchterfolg, sondern ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. In freier Natur gebe es Paarungen verwandter Tiere nur zu maximal fünf Prozent, weist sie die Blaszkiewitz-Argumentation zurück. „Das Konzept ist ausschließlich Tiersammlung und Zucht - das ist nicht zukunftsfähig“, kritisiert sie.