London: Kaugummihersteller sollen zur Kasse gebeten werden
Etwa anderthalb Pfund zahlen britische Kommunen, um einen Kaugummi von der Straße entfernen zu lassen. Die Verantwortung soll nun an die Hersteller der Kaugummis abgegeben werden, die einen Teil der Kosten übernehmen sollen.
London. Eklig, unappetitlich, unnötig ist es, wenn Fußgänger auf der Straße in ein Kaugummi treten, das dann an ihrem Schuh festklebt. In Großbritannien wollen Abgeordnete nun die Kaugummihersteller in die Pflicht nehmen, um zumindest die Kosten für die Reinigung rauszubekommen. Laut der Local Government Association (LGA), die rund 400 Kommunen in England und Wales vertritt, kostet es die Kommunen etwa 1,50 Pfund (rund 2 Euro), ein Kaugummi vom Gehsteig zu entfernen. Das ist ungefähr 50 mal der Preis, den man umgerechnet für einen Streifen zahlen muss. In England und Wales ist das pro Jahr inzwischen ein 60-Millionen-Pfund-Problem (rund 80 Millionen Euro).
Dabei ist das Ausspucken von Kaugummis auf der Straße kein günstiges Vergnügen. Wer erwischt wird, muss bis zu 80 Pfund (rund 105 Euro) Strafe zahlen. Nur, dass die Schuldigen eben selten erwischt werden und Kaugummi für etwa ein Pfund (rund 1,30 Euro) pro Packung an jeder Supermarktkasse zu kaufen ist.
Deshalb will eine Gruppe von Abgeordneten aller Parteien die Kosten nun umlegen. Auch die Hersteller sollen für die Reinigung zahlen — fünf Pence (etwa sieben Cent) an Steuer sollen auf jedes Paket Kaugummi aufgeschlagen werden. Die Argumentation pro Steuer ist simpel: Der Verursacher soll zur Kasse gebeten werden — wenn man schon den Schuldigen nicht schnappen kann. „Kaugummi ist eineVerschandelung, die die Kommunen ein Vermögen kostet und Stunden harter Arbeit, um sie zu entfernen“, erklärte der Umwelt-Sprecher der LGA, Peter Box. Auf der anderen Seite sei die Kaugummi-Produktion eine Millionen-Industrie — 20 Tonnen werden pro Jahr an britische Bürger ausgeliefert — und „wir glauben an das Prinzip, dass der Verschmutzer zahlen soll“.
An dieses Prinzip glaubt auch die Kaugummi-Industrie. Allerdings sehen die Unternehmen sich nicht in der Pflicht — schließlich haben sie den Boden nicht selbst verunreinigt — und glauben auch nicht, dass eine Steuer das Problem löst. Alex West, Manager für Unternehmensfragen bei Wrigley's, erzählte der Zeitung „Evening Standard“ zufolge, dass eine Steuer genau den gegenteiligen Effekt haben könnte. Denn die Konsumenten könnten denken, „dass sie für die Reinigung der Straßen schon bezahlt hätten“ und deshalb sorglos noch mehr Kaugummis auf der Straße entsorgen könnten, „weil sie denken, dass es okay ist“. Das soll die Abgeordneten aber nicht abhalten. Eine Empfehlung für eine entsprechende Steuer soll noch vor den Wahlen im Mai vorgestellt werden.
Die Kaugummi-Industrie will aber auch ihren Teil zur Lösung beitragen. Seit 2003 gibt es die „Chewing Gum Action Group“, unterstützt von den Herstellern und Regierungs- wie Nichtregierungs-Organisationen. Die Aktionsgruppe war angetreten, um eine langfristige Lösung für das Kaugummiproblem zu finden. Seit 2006 soll sich laut der Organisation der Kaugummi-Müll dank entsprechender öffentlichkeitswirksamer Kampagnen bereits um 47 Prozent reduziert haben.
Selbst die königlichen Anwesen sind übrigens von den Kaugummi-Tätern nicht gefeit. Im Oktober vergangenen Jahres wurde auf der offiziellen Webseite für Jobs im royalen Haushalt mittels einer Anzeige ein Kaugummientferner gesucht. „Eine kleine Minderheit von Individuen hinterlässt Kaugummi in den royalen Palästen und das muss entfernt werden“, hieß es dazu nüchtern aus dem Buckingham Palace. Reich wird der Entferner allerdings auch im Palast nicht: Gerade mal 16 000 Pfund im Jahr, also rund 22 000 Euro, verdient man mit dem undankbaren Job.