Ermittler suchen nach Motiv Mädchen erstochen: 18-Jähriger in Untersuchungshaft

Flensburg (dpa) - Nach dem gewaltsamen Tod einer 17-Jährigen in Flensburg sind Motiv und Hintergründe der Tat noch unklar.

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Der 18 Jahre alte Tatverdächtige aus dem Freundeskreis des Opfers habe sich beim Haftrichter nicht geäußert, sagte die Leitende Staatsanwältin Ulrike Stahlmann-Liebelt an diesem Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings habe der aus Afghanistan stammende junge Mann zuvor bei Polizeibeamten Angaben gemacht. Zum Inhalt wollte sich Stahlmann-Liebelt aber zunächst nicht äußern.

Seit Dienstag sitzt der Mann wegen Verdachts des Totschlags in Untersuchungshaft. Er hat nach Angaben der Staatsanwaltschaft keine Vorstrafen. „Der 18-Jährige lebte seit 2015 in Deutschland“, sagte Stahlmann-Liebelt. Sein Asylantrag sei abgelehnt worden, die Entscheidung aber nicht rechtskräftig. „Das Verfahren läuft noch.“ Nach Kenntnis von Benita von Brackel-Schmidt von der Organisation Refugees Welcome Flensburg war der Afghane im Alter von 15 Jahren als unbegleiteter Flüchtling nach Deutschland gekommen.

Die Jugendliche war am Montagabend in einer Wohnung mit schweren Stichverletzungen entdeckt worden. Der 18-Jährige hatte selbst die Rettungskräfte alarmiert. Diese konnten der jungen Frau aber nicht mehr helfen - sie erlag noch am Tatort trotz Wiederbelebungsversuchen ihren Stichverletzungen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ergab die Obduktion ihres Leichnams durch Rechtsmediziner der Kieler Christian-Albrechts-Universität, dass „die Verletzungen für eine Fremdeinwirkung sprechen“.

Nach Auswertung der ersten Spurenlage geriet der junge Mann in Verdacht. Die Mordkommission ermittelt seit Montagabend in dem Fall. In der Wohnung sicherten Beamte Spuren. Die Polizei stellte das Tatwerkzeug, eine Stichwaffe, sicher. Die Wohnung befindet sich in einem Mehrfamilienhaus der Selbsthilfe-Bauverein eG Flensburg. Der Neubaukomplex liegt an einer Ausfallstraße und hat knapp 50 Wohnungen. Erst im Herbst 2016 wurde er bezogen.

„Diese Tat mit ihrer sinnlosen Gewalt macht mich fassungslos“, sagte Schleswig-Holsteins Innenminister Hans-Joachim Grote der dpa. Er sei in Gedanken beim Opfer und seinen Angehörigen. Sollte am Ende des rechtsstaatlichen Verfahrens eine Verurteilung des derzeit Tatverdächtigen stehen, seien nach Verbüßen der Strafe auch aufenthaltsrechtliche Maßnahmen bis hin zur Abschiebung zu treffen. „Wer solche Straftaten begeht, der hat sein Gastrecht verwirkt.“ Flensburgs Oberbürgermeisterin Simone Lange (SPD) äußerte sich ebenfalls schockiert über den Vorfall. „Wir alle sind betroffen.“ Nun müssten die Ermittlungen abgewartet werden. „Darauf sollten wir Rücksicht nehmen und nicht spekulieren.“

Ein Nachbar bezeichnete das Opfer laut „Bild“-Zeitung als „fröhliches, aufgeschlossenes Mädchen“. „Vor ein paar Monaten ging sie dann nur noch mit Kopftuch vor die Tür und verhielt sich sehr zurückhaltend.“ Das „Flensburger Tageblatt“ berichtete, die 17-Jährige habe in dem Mehrfamilienhaus, in dem die Tat geschah, eine Wohnung gehabt. Nachbarn hätten berichtet, dass sie sehr oft Besuch von dem Tatverdächtigen gehabt habe.

„Wir gehen davon aus, dass die beiden sich wohl besser gekannt haben“, hatte die Staatsanwältin bereits am Dienstag gesagt. „Aber wie die Beziehung genau war, dazu müssen wir erst noch die weiteren Ermittlungen abwarten.“

Mehrere Angriffe von Jugendlichen hatten in den vergangenen Monaten deutschlandweit erschüttert. In Kandel in Rheinland-Pfalz erstach im Dezember ein Flüchtling seine 15 Jahre alte Ex-Freundin. Erst in der vergangenen Woche wurde in Berlin eine 14-Jährige ebenfalls in einer Wohnung erstochen. Ein 15-jähriger Mitschüler mit deutscher Staatsangehörigkeit sitzt wegen des Verdachts des Totschlags in Haft. Laut Staatsanwaltschaft ist das Motiv des mutmaßlichen Täters noch unklar.