Maske in der Mittagspause: Manager im Schönheitsstress

München (dpa) - Mit Kosmetik für den Mann wachsen die Hersteller von Cremes und Peelings inzwischen stärker als mit dem klassischen Damen-Sortiment. Auch die zunehmende Bedeutung des Aussehens in der Arbeitswelt lässt Männer zu Topf und Tiegel greifen.

Kosmetik für den Mann? Das waren früher höchstens Seife und Deo. Inzwischen haben fast alle großen Hersteller Faltencremes, Anti-Augenring-Stifte oder Peelings für Herren im Programm. Damit machen sie ein gutes Geschäft: In den vergangenen Jahren legte der Markt für Männerkosmetik weltweit um mehr als sechs Prozent zu - und verspricht nach Einschätzung des Nivea-Herstellers Beiersdorf auch in Zukunft Wachstum.

Ein Grund für das zunehmende Interesse der Männer an Kosmetik ist nach Ansicht von Experten die Arbeitswelt, in der das jugendlich-dynamische Aussehen an Bedeutung gewinnt. Augenringe als Nachweis für einen langen Tag am Computer - das war gestern.

„Heute gilt: Attraktivität ist eine Leistung“, sagt die Autorin des Buchs „Schön“, Rebekka Reinhard. Die Leistungsträger in den Firmen dürften zwar zehn Stunden und mehr im Büro verbringen, aber bloß nicht danach aussehen. Wer nicht an seinem Äußeren arbeite, verhalte sich fast schon unmoralisch, beschreibt Reinhard das Dilemma. „Er lässt seine Potenziale angeblich unter Fettpolstern und schlaffem Bindegewebe ersticken.“

In deutschen Chefetagen sind Wohlstandsbäuche längst zur Ausnahme geworden. Moderne Manager brüsten sich eher mit ihren Marathon-Zeiten als mit der Menüfolge beim Geschäftsessen und laden ihre Gäste zum „Light Lunch“ aus Hähnchenspießen mit Brokkoli. In den USA sind auch Herrengespräche über Schönheitsoperationen schon salonfähig. „Dort wird es gerade auch für Männer zunehmend normal, sich die Tränensäcke zu entfernen und die Stirnfalten zu glätten, um Degenerationserscheinungen zu bekämpfen und sich so ihre berufliche Zukunft zu sichern“, erklärt Reinhard.

Auch in Deutschland legen sich immer mehr Männer unters Messer, um ihrem Ideal näher zu kommen. Im vergangenen Jahr lag der Männeranteil bei allen Schönheitsoperationen bei 16 Prozent. Bei Ohren- und Kinnkorrekturen machten Männer fast ein Drittel der Patienten aus, so die Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen. „Haarausfall, abstehende Ohren, ein wenig markantes Kinn“, beschreiben die Ärzte die Problemzonen des Mannes.

Für den Frischekick zwischendurch locken Kosmetikinstitute mit „Lunchtime Treatments“ auch für Männer. In den Nivea-Spas sind nach Angaben einer Firmensprecherin 20 Prozent der Gäste Männer. „Gebucht werden tendenziell eher Massagen als Gesichtsbehandlungen, doch geht der Trend bei Männern auch zunehmend zu Maniküre und Pediküre, vor allem im Sommer.“

Wem die Maske in der Mittagspause nicht nachhaltig genug ist, der entscheidet sich für etwas Bleibenderes. „Viele Männer lassen sich bei uns die Wimpern färben“, berichtet die Münchner Friseurin Angela Würstle. Vor allem beruflich erfolgreiche Männer kümmern sich nach ihrer Beobachtung verstärkt um das Aussehen - und lassen sich immer häufiger von ihr auch die Haare färben oder die Augenbrauen zupfen.

Treibende Kraft für den Schönheitskult sind aber nicht immer die Männer selbst, wie man bei Beiersdorf weiß. Die Hälfte der Nivea-Kosmetik für den Mann wird von Frauen gekauft. Sie finden neuerdings ein Produkt mehr in den Regalen: die erste Nachtcreme für den Mann.