Megakran holt Gerüst vom Kölner Dom
Beeindruckender Einsatz am Nordturm mit chirurgischer Präzision. Ausleger ragt 160 Meter hoch in den Himmel.
Köln. Es ist 9.25 Uhr, als sich am Montagmorgen ein riesiges Gerüstteil vom Nordturm des Kölner Doms löst und am Kranhaken durch die Lüfte schwebt. Nur zehn Minuten später landet es sicher vor dem Hauptportal und wird von einem weiteren Kran in die Horizontale gelegt. „Das Ausfädeln von bis zu zehn Tonnen schweren Gerüstteilen braucht chirurgische Präzision, um Schäden am Weltkulturerbe Dom zu vermeiden“, sagt Thomas Wasel vom gleichnamigen Schwerlast-Unternehmen aus Bergheim.
Für den größten Kraneinsatz in der Geschichte der gotischen Kathedrale wurde mit dem Liebherr LTM 1750-9.1 ein mächtiges Spezialfahrzeug auf den Bahnhofsvorplatz gestellt. Mehr als 100 Tonnen wiegt der riesige Kran, dessen Ausleger 160 Meter hoch in den Himmel ragt. „Normalerweise kommt er bei Windkraftanlagen, in der Industrie oder beim Tagebau zum Einsatz. Die Arbeit ist ganz normal für uns, nur die Kulisse ist besonders“, sagt Wasel mit Blick auf die vielen Schaulustigen rund um den Megakran.
Schon am Sonntag haben die Aufbauarbeiten auf dem Bahnhofsvorplatz begonnen. Erst Montagfrüh um 6 Uhr waren sie abgeschlossen. „Die besondere Herausforderung war die Positionierung des Krans. Da wir eine U-Bahn-Station unter uns haben, musste ein Statiker die Punkte ermitteln, wo die Kranausleger stehen können“, erklärt Wasel. Umfangreiche Vorarbeiten waren dafür notwendig. „Jetzt wissen wir aber, wie wir einen solchen Kran im Notfall schnell aufbauen können“, sagt Dombaumeister Michael Hauck.
Nervös sei er nicht gewesen im Vorfeld des Abbaus des Hängegerüstes an der Ostseite des Nordturms, das aus drei Teilen besteht und zusammen mehr als 25 Tonnen auf die Waage bringt. „Es war eine gespannte Erwartung und die Hoffnung, das alles gutgeht. Wir haben uns aber auf alles Erdenkliche vorbereitet und die Aktion generalsstabsmäßig geplant. Ein Restrisiko können wir uns nicht erlauben“, betont Hauck. Nur das Wetter könne man nicht beeinflussen. „Nachdem für den Nachmittag stärkerer Wind vorausgesagt war, haben wir das Ganze auf den Morgen vorgezogen“, sagt der Dombaumeister.
Das Hängegerüst, mit dem die Steinmetze ihre Arbeit in luftiger Höhe erledigen können, war 2002 aufgebaut worden. Zwei Jahre hat das in Anspruch genommen. Jetzt dauert es nicht mal einen Tag, bis bei dem 50 000 Euro teuren Kraneinsatz das Gerüst wieder verschwindet.
„Normalerweise hätte das ohne Kran sechs Monate gedauert. So haben wir Geld und Zeit gespart“, sagt Hauck. Die Gerüstteile selbst werden auf Rollen gelegt und zum Roncalliplatz gebracht, wo sie in den nächsten zwei Wochen zerlegt werden. Insgesamt habe man den Einsatz ein Jahr lang logistisch vorbereitet, auch wegen der Koordination mit Behörden, der Polizei und der Bahn.
Ganz ohne Hängegerüste kommt der Dom nicht aus, denn vier weitere hängen bereits in luftiger Höhe. Dort sollen die Steinmetze ab 2014 ihre Arbeiten beginnen. „Ich stimme meiner Vorgängerin zu. Der Dom ohne Gerüst ist keine Ideal—, sondern angesichts der Aufgaben, die es dort zu bewältigen gilt, eine Schreckensvorstellung“, sagt Hauck, bevor der Kran kurze Zeit später das zweite Gerüstteil an den Haken nimmt.