Erst kürzlich aus Gefängnis entlassen Messer-Angreifer von London war verurteilter Islamist

London · Nach einem erneuten Stichwaffenangriff in London hat der britische Premierminister Boris Johnson rasche Konsequenzen für das Strafvollzugssystem angekündigt.

Foto: dpa/Victoria Jones

Er werde am Montag "fundamentale Änderungen" beim Umgang mit wegen Terrorakten verurteilten Straftätern bekanntgeben, teilte Johnson am Sonntagabend mit. Am Nachmittag hatte ein erst kürzlich aus der Haft entlassener Islamist mindestens zwei Passanten verletzt, bevor er von der Polizei erschossen wurde.

Der Täter trug eine Attrappe, die wie eine Sprengstoffweste aussah. Der 20-Jährige sei erst kürzlich aus dem Gefängnis entlassen worden, wo er wegen "Straftaten mit Bezug zum Islamismus" eingesessen habe, sagte die Polizeivertreterin Lucy D'Orsi. Laut britischen Medienberichten war der Mann im Jahr 2018 wegen 13 terroristischer Delikte verurteilt und kürzlich vorzeitig auf freien Fuß gesetzt worden.

Die Zeitung "The Guardian" berichtete, der Mann habe wegen Verbreitung islamistisch-extremistischer Propaganda eingesessen. Nach Informationen des Senders SkyNews kam er im Januar nach Verbüßung etwa der Hälfte einer rund dreijährigen Haftstrafe frei.

Während der Tat am Sonntag habe sich eine Anti-Terror-Einheit "präventiv" vor Ort befunden, teilte die Polizei mit. Sie schien damit Medienberichte zu bestätigen, dass der Täter unter Überwachung gestanden hatte. Der Mann griff am frühen Nachmittag in einer belebten Einkaufsstraße im Stadtteil Streatham im Süden von London Passanten mit einer Stichwaffe an. Er verletzte mindestens zwei Menschen.

Der Zustand eines der Opfer, dessen Verletzungen anfänglich als lebensbedrohlich beschrieben worden waren, besserte sich inzwischen, wie die Polizeisprecherin mitteilte. Eine verletzte Frau konnte bereits das Krankenhaus wieder verlassen. Noch eine andere Frau wurde verletzt, allerdings offenbar nicht direkt durch den Täter, sondern durch herumfliegende Glassplitter. Ihre Verletzungen waren den Polizei-Angaben zufolge nur leicht.

Ein Augenzeuge berichtete, der Angreifer sei mit einer Machete bewaffnet gewesen. An seiner Brust seien "silberne Kanister" befestigt gewesen. In den Onlinenetzwerken wurden Videos hochgeladen, die den Polizeieinsatz zeigen sollen. Darin ist zu sehen, wie sich bewaffnete Polizisten einem reglos am Boden liegenden Mann nähern, plötzlich zurückweichen und umstehende Passanten auffordern, sich ebenfalls zu entfernen.

Die britische Hauptstadt war in den vergangenen Jahren mehrfach von islamistischen Anschlägen erschüttert worden. Ende November erstach ein Angreifer auf der London Bridge zwei Menschen und verletzte mehrere weitere, bevor er von Polizisten erschossen wurde. Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte diese Messerattacke für sich. Der Angreifer, der 28-jährige Brite Usman Khan, war bereits 2012 wegen einer terroristischen Straftat verurteilt worden und ebenfalls vorzeitig frei gekommen.

Bereits nach der Tat vom November hatte Johnson Gesetzesverschärfungen angekündigt. Am Sonntag dankte er den Einsatzkräften. "Meine Gedanken sind bei den Verletzten und allen Betroffenen", sagte er. Innenministerin Priti Patel lobte den Mut der Sicherheitskräfte. Londons Bürgermeister Sadiq Khan erklärte, die Strategie der "Terroristen, uns zu spalten und unsere Lebensweise zu zerstören", werde keinen Erfolg haben.

(AFP)