Mindestens 50 Menschen sterben bei Explosionen in China
Tianjin (dpa) - Eine Serie gewaltiger Explosionen hat in der chinesischen Hafenstadt Tianjin mindestens 50 Menschen in den Tod gerissen. Rund 700 Verletzte kamen in Krankenhäuser.
Mehr als 70 von ihnen waren schwer verletzt, wie Behörden der Millionenmetropole laut Nachrichtenagentur Xinhua mitteilten. Detonationen und Feuer richteten großen Schaden an. Videos zeigten einen riesigen Feuerball über der Stadt. Auf einer Autohalde wurden nach Medienangaben mehr als 2700 fabrikneue Volkswagen - zum großen Teil Beetle - vernichtet.
Die Feuerwehr war laut dem Staatssender CCTV am Mittwochabend (Ortszeit) wegen eines Feuers in ein Hafenlager mit gefährlichen Chemikalien gerufen worden. Als die Teams eingetroffen waren, kam es zu mehreren schweren Explosionen. Dabei kamen mindestens 17 Feuerwehrleute ums Leben, wie Xinhua unter Berufung auf örtliche Behörden meldete. 21 Retter wurden am Nachmittag noch vermisst. Insgesamt wurden rund 1000 Einsatzkräfte der Feuerwehr an den Unglücksort geschickt.
Die Erschütterungen der Detonationen waren so stark, dass sie vom nationalen Erdbebenzentrum registriert wurden. „Ich saß auf meinem Bett, als ich plötzlich einen lauten Knall hörte. Dann vibrierten die Fenster. Es war wie ein Erdbeben. Ich bin schnell auf die Straße gelaufen, um mich in Sicherheit zu bringen“, sagte der 27-Jährige Lin Chen, der ungefähr zehn Kilometer vom Explosionsort entfernt wohnt, der Deutschen Presse-Agentur am Telefon. „Ich habe gehört, dass die Krankenhäuser voll mit Leuten sind. Es ist wirklich tragisch.“
Videos in sozialen Netzwerken zeigten einen gewaltigen, pilzförmigen Feuerball. Auch Fotos blutverschmierter Menschen, die auf der Straße lagen, und Bilder beschädigter Gebäude wurden gepostet. Andere Aufnahmen zeigten eine riesige Rauchwolke, die über dem Hafenareal der Stadt aufstieg. Augenzeugen erzählten in Staatsmedien von einer heftigen Druckwelle nach der Explosion, die viele Fenster zerstörte und Türen aus den Angeln riss.
„Ich habe Fernsehen geguckt und plötzlich draußen rotes Licht schimmern gesehen. Dann gab es einen großen Knall und das ganze Haus wackelte. Ich war geschockt und konnte mich nicht bewegen. Mein Vater kam ins Zimmer und zog mich auf die Straße“, sagte die 21-Jährige Studentin Liu, die nahe am Hafen wohnt, der dpa. „Zum Glück ist meine Familie in Sicherheit. Ich fühle mich wie ein zweites Mal geboren.“
Mit Sand und trockenem Pulver versuchten Einsatzkräfte am Nachmittag noch immer einzelne Brandherde zu ersticken, wie die Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. Demnach sollte eine Spezialeinheit des Militärs die Konzentration der Giftstoffe in der Luft untersuchen. Rettungskräfte, die in der Nähe der Explosionsorte im Einsatz waren, seien angehalten worden, schwere Schutzkleidung zu tragen.
Wie die Polizei in Tianjin mitteilte, ereignete sich die erste Explosion in einem Lagerhaus für gefährliche Güter, das der Firma Ruihai Logistics gehört. Manager der Firma sind demnach festgenommen und verhört worden. Nach der ersten Explosion griff das Feuer auf andere Lagerhäuser über, in denen sich dann eine Reihe weiterer Explosionen ereigneten, wie Staatsmedien berichteten.
Gebäude von einem Dutzend Logistikfirmen wurden demnach komplett zerstört. Auch Volkswagen war von den Explosionen getroffen, wie eine Sprecherin berichtete, konnte aber zunächst keine Zahlen nennen. Mehr als 2700 Fahrzeuge des deutschen Autobauers in der Nähe der Unglücksstelle seien zerstört worden, berichtete die chinesische Finanzzeitung „Yicai“.
Hinweise auf eine Ursache des Feuers fehlten zunächst. In einer Rede an die Menschen von Tianjin kündigte Chinas Präsident Xi Jinping an, das Unglück werde „genau untersucht“. Die Verantwortlichen würden „streng bestraft“. Tianjin hat mehr als 10 Millionen Einwohner und ist eine bedeutende Hafenstadt östlich von Peking.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich von dem Unglück erschüttert und sprach den Angehörigen der Opfer und allen Betroffenen ihr Mitgefühl aus. „Ich hoffe, dass weitere Überlebende gefunden und eine größtmögliche Zahl an Menschen gerettet werden kann“, schrieb Merkel in einem Telegramm an den Ministerpräsidenten Li Keqiang.