Mindestens elf Tote bei schwerem Erdbeben in Chile
Santiago de Chile (dpa) - Überschwemmungen, eingestürzte Gebäude, Panik: Bei einem der bislang heftigsten Erdbeben in der Geschichte Chiles sind mindestens elf Menschen ums Leben gekommen.
Über vier Meter hohe Tsunamiwellen setzten weite Teile der Hafenstadt Coquimbo unter Wasser, in Illapel stürzten Häuser ein, Schlamm und Geröll verschütteten mehrere Landstraßen. „Es ist ein enormes Chaos“, sagte der Feuerwehrchef von Illapel, Fabián Olivares Hidalgo. Dank eines professionellen Frühwarnsystems blieb eine Katastrophe nach dem Beben am Mittwochabend (Ortszeit) allerdings aus.
Die Erschütterungen erreichten eine Stärke von 8,4 und lösten in weiten Teilen des Pazifikraums eine Tsunami-Warnung aus - von Hawaii bis Neuseeland. Entlang der chilenischen Küste wurden rund eine Million Menschen in Sicherheit gebracht. Hunderte suchten Notunterkünfte auf. Rund 180 Gebäude wurden zerstört, betroffen waren vor allem einfache Häuser aus Adobe (Lehmziegeln). Fast 100 000 Menschen seien ohne Strom, teilte der Katastrophenschutz mit.
Rund 50 Nachbeben versetzten die Menschen im Land immer wieder in Angst und Schrecken, das stärkste davon soll eine Stärke von 7,6 erreicht haben. „Es hat die ganze Nacht nicht aufgehört“, sagte Josué Vegas Pereira aus der Ortschaft Canela Baja der Zeitung „El Mercurio“. „Wir mussten uns festhalten, sonst wären wir umgefallen.“
Präsidentin Michelle Bachelet reiste am Donnerstag in die Erdbebenregion. „Wir wissen um den Schmerz und die Wut, deshalb arbeiten wir so schnell wie möglich“, sagte die Staatschefin in der Stadt Coquimbo. Sie bat die Betroffenen aber auch um Geduld. Die für Freitag geplanten Aktivitäten der Regierung anlässlich des Nationalfeiertags sagte Bachelet ab.
Das Bauministerium teilte mit, dass die Autobahn in der Region bereits wieder befahrbar sei. „Das ist ein großer Schritt nach vorne, denn so können wir Hilfe in die betroffen Städte bringen“, sagte Ressortchef Alberto Undurraga. Die Europäische Union bot Unterstützung an.
Das Beben war weltweit das bislang heftigste des Jahres und das sechststärkste Beben in der Geschichte Chiles. Es ereignete sich am Mittwoch um 19.54 Uhr Ortszeit vor der Küste der Region Coquimbo, nahe der Ortschaft Canela Baja und der Stadt Illapel, die rund 280 Kilometer nördlich der Hauptstadt Santiago liegt.
Das Beben war bis in die argentinische Hauptstadt Buenos Aires und in Montevideo in Uruguay zu spüren. Beide Orte liegen über 1000 Kilometer vom Erdbebenzentrum entfernt. „Bei solch großen Ereignissen ist es normal, dass man die Erschütterung noch in Tausenden Kilometern Entfernung spürt“, sagte die Geologin Leda Sánchez der uruguayischen Zeitung „El País“.
Erdbeben sind in Chile keine Seltenheit. Zu einer Katastrophe war es 1939 gekommen. Nach einem Beben der Stärke 7,8 starben 28 000 Menschen. Auch das stärkste je gemessene Erdbeben geschah in Chile: 1960 registrierten Geologen die Stärke 9,5 - 1655 Menschen starben. Das Zentrum lag damals mehrere hundert Kilometer südlich des Bebens vom Mittwoch. Im Februar 2010 waren bei einem schweren Erdbeben der Stärke 8,8 mehr als 520 Menschen getötet worden.
Um den Pazifischen Ozean herum liegt ein Gürtel aus etwa 450 aktiven Vulkanen, der als Pazifischer Feuerring bezeichnet wird. Hier treffen verschiedene Platten der Erdkruste aufeinander. Es kommt zu tektonischen Verschiebungen und Verwerfungen. Der Nationale Wetterdienst der USA gab ebenfalls Tsunami-Warnungen für Hawaii, Kalifornien und Amerikanisch-Samoa aus. Zerstörerische Kraft würden die Wellen dort nicht entwickeln, könnten am Donnerstag aber zu Überschwemmungen oder ungewöhnlichen Strömungen führen.