Mini-Erwachsener oder Spielkind? - Mode für Kinder
Berlin/Düsseldorf (dpa/tmn) - Wie der Vater, so der Sohn: Kinder können sich heute so kleiden wie Papa - lässig mit Röhrenjeans und Printshirt. Oder wie Mama im Minirock. Doch nicht immer ist alles auch kinderfreundlich.
Wenn die Stars Wert auf etwas legen, wird es meist ein Modetrend, dem die Gesellschaft schnell folgt. Spätestens seit die Sängerin und Modeikone Madonna oder der Skandalschauspieler Charlie Sheen Kindermode herausgebracht haben, steht fest, dass der Nachwuchs eine wichtige Zielgruppe geworden ist. Eltern achten immer mehr auf hippe Kleidung für ihre Kleinen.
„In den vergangenen fünf, sechs Jahren ist der Markt für Kindermode extrem gewachsen“, berichtet Susan Kohlmorgen, Designerin für Kindermode aus Berlin. Mittlerweile haben daher auch viele bekannte Modeunternehmen Kindersachen im Programm, oftmals stark angelehnt an die Mode der Großen. Doch hier gehen die Meinungen vieler Eltern und Designer auseinander: Sollte ein Kind sich wie ein Kind anziehen oder auch mal Erwachsener spielen?
Können Kinder sich in den engen Jeans, die dem Modell der Mama ähneln, gut auf dem Schulhof bewegen? Ist eine Lederjacke das richtige für den Spielplatz? Die Boutiquenbesitzerin Barbara Frères aus Düsseldorf antwortet, nach dem Kaufkriterium ihrer kleinen Kunden gefragt, so: „Oft entscheiden sich die Kinder für den gleichen Stil und die Marken, die auch ihre Eltern tragen.“ Daher orientiere sich ihre Kinderkollektion an den Trends der Erwachsenenkleidung - derzeit etwa mit Schnitten der 50er und 60er Jahre. Für Mädchen sind das etwa Tüll- und Reifröcke.
So übertrieben muss es nicht immer sein: C&A zeigt für Mutter und Tochter gleichermaßen bequeme Freizeitkombinationen, etwa weiße Shorts und Blümchenblusen. Während die Mama das Oberteil bauchfrei hochgeknotet trägt, ist das Teil für die Tochter züchtig lang. Und United Colors of Benetton hat Jungenklamotten für den Sommer im Angebot, die so auch von den größeren Jungs getragen werden könnten: Lässige Shorts mit coolen Karo- und Blümchenhemden oder Shirts mit großen Schriftzügen.
Den Trend zum Mini-Ich belegt auch eine Studie der Fachzeitschrift „Textilwirtschaft“. 60 Prozent der befragten Einkaufsverantwortlichen aus dem Kindermode-Fachhandel haben beobachtet, dass Kinder dasselbe tragen wollen wie ihre Eltern. Und fast alle Befragten stimmten der Aussage zu, dass sich Kinder mit zunehmendem Alter von den Kollektionen angesprochen fühlen, die sich an den Looks der Erwachsenen orientieren, berichtet Redakteurin Andrea Hackenberg.
Viele Designer wollen sich mit diesem Trend, vor allem seinen Auswüchsen, aber nicht anfreunden. „Kinder sollten wie Kinder angezogen sein, nicht wie kleine Erwachsene“, sagt die Designerin Jutta Jung aus Karlsruhe vom Label „Early Fish“. Und die Designerin Anne Sofie Tobiasen vom dänischen Label „Serendipity“ erläutert: „Bei unseren Stücken orientieren wir uns nicht so sehr an aktuellen Modetrends.“ Wichtiger sei es, dass die Sachen kindgerecht und angenehm zu tragen sind. Natürliche Farben, fließende Formen, zarte Muster bietet sie daher an.
„Eigentlich haben Kinder ganz ähnliche Ansprüche wie professionelle Tänzer: Sie müssen sich leicht bewegen können und dabei gut aussehen“, erläutert die Designerin Susan Kohlmorgen vom Label „Susiko“. Auf die Idee, etwas Eigenes zu entwerfen, kam sie, wie viele Designer im Kinderbereich, als sie Mutter wurde und ihr die Sachen nicht gefielen, die es für Kinder zu kaufen gab.
Wert hat sie daher bei ihrer Kollektion darauf gelegt, dass die Stücke sowohl auf dem Spielplatz, als auch im Alltag und bei Feierlichkeiten getragen werden können. Vor allem aber müsse die Kleidung Kinderaugen zum Leuchten bringen - also außergewöhnlich sein. So sind manche Stücke ihrer Kollektion so verspielt gestaltet, dass Kinder damit auch ohne weiteres bei einer Theateraufführung auf der Bühne stehen könnten.
Jutta Jung achtet neben Form und Farbe darauf, dass die Sachen ökologisch sind: „Ich verwende Biobaumwolle. Schließlich liegen die Stoffe direkt auf der Haut, Kinder nehmen vielleicht mal einen Ärmel in den Mund. Formaldehyd, Schwermetalle oder andere Gifte haben in Kindersachen absolut nichts verloren.“ Doch langweilig sollten die Stücke deswegen nicht sein, sondern bunt und mit kindgerechten Details und Mustern. „Ich wollte zeigen, dass sich bunt und nachhaltig nicht ausschließen“, sagt die Designerin.