Mit Melone und Fascinator - Hutmacher auf neuen Wegen
München (dpa) - „Mut zum Hut“ ist für einige Menschen Lebens- und Berufsmotto. Und es steht für einen Trend: Hüte zu tragen ist wieder „in“. In Handarbeit fertigen zwei Münchnerinnen Kunstwerke für den Kopf.
Astrid Triska streicht mit den Fingern über das Kopf-Modell aus Holz. „Man bringt den Stoff mit Feuchtigkeit und Hitze in Form“, erklärt sie. Neben ihr im Regal stapeln sich Frauenhüte - einfache aus Stroh, schlicht dunkle oder Hüte mit breiter Krempe. In ihrem Atelier entstehen gerade Stücke für die Sommersaison. Ein kleines Bügeleisen ist oft im Einsatz. Die Krempe, ein Band oder Schleifen nähen die Hutmacherinnen mit der Hand an. Seit 1995 entwerfen Katrin Eisenblätter und Astrid Triska ihre Kreationen. Vor dreizehn Jahren eröffneten sie den gemeinsamen Laden mit Atelier in der Münchner Innenstadt.
Die Stars haben es vorgemacht: Schauspieler Johnny Depp und die Sängerinnen Gwen Stefani und Lady Gaga behüten sich gerne bei Filmpremieren oder anderen Auftritten. So stieg der Hut wieder zum modischen i-Tüpfelchen auf.
Hutmachen ist ein traditionelles Handwerk. In Deutschland gibt es nach Angaben des Zentralverbands des deutschen Handwerks zurzeit 241 selbstständige Hutmacher. Der Berufsstand der Modisten, so die Fachbezeichnung, schrumpft aber seit Jahren. Vor 15 Jahren gab es deutschlandweit knapp hundert mehr. In Bayern sind es noch 73 - mehr als in anderen Bundesländern. Davon arbeiten 16 Hutmacher in München.
„Im Sommer muss es leicht sein“, sagt Triska. Da kämen Stroh für Sonnenhüte und Leinen infrage. Und rot. „Rot ist eine gute Farbe für den Kopf.“ Sie schmeichele dem Teint. Nur für Männerhüte gelte das nicht.
„In München gehören Hüte wegen der Tracht schon immer dazu“, erklärt die Bundesinnungsmeisterin für die Modisten, Gerlinde Götte. Die Münchner Hutmacherinnen Berta Häusler und Ina Böckler seien früher sehr bekannt gewesen. „Jetzt gibt's eine neue Generation von Modistinnen.“
Die 44-jährige Katrin Eisenblätter hat ihren ersten Hut Ende der 1980er während ihrer Ausbildung im Traditionshaus Berta Häusler gemacht. Astrid Triska lernte zur selben Zeit in einer kleinen Hutwerkstatt in München-Schwabing.
„Ich wollte ein kreatives Handwerk lernen. Mit sechzehn hab ich von dem Beruf erfahren“, erinnert sich Eisenblätter. Die Modistinnen entwerfen neben klassischen Hüten auch aufwendigen Kopfschmuck für Hochzeiten, Trauerfeiern oder Pferderennen. Im Fachjargon nennen sich die meist fantasievollen Stücke Headpieces oder Fascinators.
Als im April 2011 die Briten die royale Hochzeit von Prinz William und Kate feierten, kam am Nachmittag eine Kundin in den Hutladen. „Sie meinte, sie hätte eben die Bilder von den Gästen der Hochzeit im Fernsehen gesehen und sei morgen selbst auf eine Hochzeit eingeladen“, erzählt die Modistin. Und sie sei fündig geworden: Sie entschied sich für einen Fascinator in zartem Rosa.
„Es kommen auch Kundinnen, die sagen "Ich fahre nächste Woche nach Ascot"“, erzählt Triska. Für das berühmte Pferderennen bräuchten sie einen neuen Hut. „Da muss es schon die große Nummer sein - was Auffälliges“, sagt die 43-Jährige.
Für die beiden Hutmacherinnen laufen die Geschäfte gut. Innungsmeisterin Gerlinde Götte ist trotzdem pessimistisch: „Es gibt zu wenig Selbstständige“. Zudem fehle der Branche ein gutes Marketing.
Eisenblätter und Triska bieten mehrmals im Jahr Ausstellungen in ihrem Laden an, um neue Kunden zu gewinnen. Im Grunde gebe es für jeden Kopf den passenden Hut. „Man muss nur den richtigen finden“, sagt Triska, die viele Lieblingshüte zu Hause hat.