Noch „supergeil“? Friedrich Liechtenstein nach dem Hype
Berlin (dpa) - Wie das mit der Werbung funktioniert, hat YouTube-Star Friedrich Liechtenstein verstanden.
Vor einem alten Berliner Industriegebäude liegt ein roter Teppich, ein Page bringt die Gäste mit dem Aufzug in den fünften Stock. Der Künstler hat eingeladen, um nach seinem Überraschungserfolg im Netz eine neue Single vorzustellen. Bis vor kurzem kannte ihn kaum jemand. Dann kam das „Supergeil“-Video.
In dem Werbeclip für eine Supermarktkette singt und tanzt Liechtenstein zu Elektro-Bässen, schwoft im Anzug und mit Siegelring an den Regalen vorbei und findet alle Produkte „supergeil“. Er klaut in dem Video Croissants, badet in Milch und kippt dabei - „supercrunchy, supertasty“ - Schokomüsli in die Wanne. Innerhalb von vier Wochen ging das Video durch die Decke.
Der Spot hat mehr als 7,5 Millionen Klicks bekommen - und eine Debatte über Marketing im Internet losgetreten. Die britische Zeitung „The Guardian“ berichtete über den Werbegag, das US-Fachmagazin „Adweek“ sprach vom „merkwürdigsten Supermarktwerbevideo der Welt“. Und die amerikanische Website „Buzzfeed“ lobte ausgiebig Liechtensteins Tanzstil. Doch der Ruhm im Netz kann flüchtig sein - und was kommt dann?
Mit verspiegelter Sonnenbrille und schwarzem Anzug steht Liechtenstein am Donnerstagabend in den Büroräumen einer Brillenfirma. Dort hat er mal mehrere Monate gewohnt - als „Schmuckeremit“, wie er in Interviews schon erzählt hat. Im 18. Jahrhundert seien Einsiedler so genannt worden, die in englischen Gärten und Parks gewohnten hätten, um die Herrschaften zu unterhalten, so pflegt er seine Legende. Auch Liechtenstein unterhält gerne. Er ist Puppenspieler und Theatermann, eine Künstlertype aus dem Osten Deutschlands.
Bei seiner Party verteilen Hostessen Drinks ans Publikum, Leute machen Fotos. Das Supermarktvideo sei natürlich eine „perfekte PR-Geschichte“ gewesen, meint ein Besucher am Rand. Liechtenstein ist mit seinen 58 Jahren wohl der Älteste im Raum. Neben ihm taucht seine Pressesprecherin auf. Die hatte er vor dem Videoclip noch nicht. „Es ist viel Arbeit, seit Wochen, von früh bis nachts“, sagt er. Im Video zur neuen Single „Belgique, Belgique“ inszeniert er sich mit Pelzmütze und nostalgischen Bildern als Reisender und Frauenheld.
Im Sommer soll bei einem kleinen Berliner Label das Konzeptalbum „Bad Gastein“ erscheinen. Benannt ist es nach einem Ort in Österreich. „Da geht es ums alte Europa, um Kaiser, Könige, Hirsche. Es ist eine große, fantastische Erzählung“, sagt Liechtenstein. Auf den Tischen stehen schon Glasflaschen mit Mineralwasser aus dem Dorf. Und eine Mitarbeiterin der Tourismusabteilung aus dem österreichischen Kurort ist extra nach Berlin geflogen. Auf die Frage, ob der Ort Liechtensteins Album sponsert, weicht sie eher aus: Er könne gelegentlich mal umsonst übernachten, sagt sie und lächelt. Das mit der Werbung hat Friedrich Liechtenstein drauf.