Offene Gartenpforte: Hinterm Gartenzaun geht’s weiter
Beete und grüne Ideen von Nachbarn besichtigen: Ab Samstag öffnen sich die Pforten zu 300 privaten Oasen.
Düsseldorf. Wer gerne gärtnert, bei dem sind nicht nur die Hände, sondern auch die Augen ständig in Bewegung. Wo man auch geht, lugt man über Gartenzäune, offen für Anregungen und Entdeckungen: Was ist das denn für eine umwerfend violette Iris da neben den Pfingstrosen? Hier wurde der schwierige Hang im trockenen Schatten aber geschickt bepflanzt. Und wie wunderbar ist dort ein Teich in den Garten integriert!
An drei Wochenenden im Jahr braucht man sich nicht draußen den Hals zu verrenken, sondern darf hereinkommen: bei der Offenen Gartenpforte. Die Idee, private Gärten gelegentlich für Besucher zu öffnen, kommt aus Großbritannien, wo die Tradition seit 86 Jahren gepflegt wird.
Im Rheinland gibt es diese Initiative seit 2004. Rund 300 Gartenbesitzer machen in diesem Jahr mit und versuchen, ihre Pflanzen trotz Regen und Kälte termingerecht zu üppiger Blüte zu bringen — ganz gleich ob im 60 Quadratmeter kleinen Stadtgarten in Hilden oder im 8000 Quadratmeter großen Solinger „Traumgarten“. Manche gestalten ihr Fleckchen Erde wie einen traditionellen Bauerngarten, andere legen fein geschnittene japanische Gärten an oder gestalten nach den Regeln des Feng Shui.
Eine spezielle Spielart kann man bei Kaldenkirchen entdecken. 1950 setzten Illa und Ernst J. Martin hier die ersten Mammutbaum-Sämlinge in den niederrheinischen Sandboden. Ein Brand hatte wenige Jahre zuvor den Grenzwald Richtung Niederlande und damit auch ihren Garten komplett vernichtet.
Von einer Kalifornien-Reise brachte das Zahnarzt-Ehepaar Martin die Idee mit, auf dem privaten Grund den Bergmammutbaum, aber auch den frostempfindlichen und in unseren Breiten deshalb seltenen Küstenmammutbaum anzusiedeln.
Einzeln und in Gruppen stürmen die heute auf der „Sequoiafarm“ (nach der botanischen Bezeichnung für den Mammutbaum) den Himmel. Nach sechs Jahrzehnten bringen es einige Exemplare auf 37 Höhenmeter: Spitze in der Region, wenn auch, gemessen an den amerikanischen Vorbildern, noch Luft nach oben ist.
Ein Verein von Baumfreunden aus ganz Deutschland pflegt heute die 35 000 Quadratmeter große Anlage. Mittendrin, in einem Knusperhäuschen, wohnt Michael Geller, der seinen Job in der Werbung gegen das Zwitschern der Vögel und die körperliche Arbeit in der Natur eintauschte.
Er verguckte sich als Junge beim Stöbern im Rekord-Verzeichnis des Guinness-Buchs: „Was für Riesen, diese Mammutbäume!“ 94 listet Geller derzeit auf der Farm. Darunter ist auch ein Urwelt-Mammutbaum, der als ausgestorben galt und erst 1941 in China wiederentdeckt wurde.
Angesichts dieser Superlative wirkt der Garten von Egbert und Sabine Giesen in Wuppertal von den Eckdaten her zunächst wenig aufregend: 880 Quadratmeter, leichte Hanglage in einer Siedlung. Doch wer den chinesisch anmutenden Eingangsbogen passiert hat, merkt sofort, wie viele Ideen und wie viel Liebe in ihm stecken. Gleich rechts entspringt der „Bach“ aus schwarzem Schlangenbart. Üppig grün ziehen sich Beete am Weg entlang, mittendrin ein knallblaues Hummelhaus.
Als Landschaftsgärtner und Gartenbautechniker hat Giesen einen gehörigen Informationsvorsprung, ist aber auch einer der wenigen des Berufsstandes, die sich mit Hacken, Jäten und Pflastern auch in der Freizeit beschäftigen. 25 Jahre lang hat der Wuppertaler Natursteine gesammelt, wo sie gerade an- oder besser abfielen, und sie mit Hilfe seiner drei Kinder nach und nach zu Wegen, Stufen und Mauern verbaut, „die Arbeit war eigentlich ein Wahnsinn“.
Der Weg schlängelt sich so geschickt, dass es immerzu etwas Neues zu sehen gibt — die tiefer gelegten Minibeete zwischen den massiven Trittsteinen, der Kreis der Erdbeer-, Salat- und Bohnenbeete, die nach zwei kalten Sommern auch hier nicht mehr ganz üppige Kräuterspirale. Der Paukenschlag wartet am Ende: Ein türkisfarbener Pool, natürlich selbst ausgehoben, der von sandfarben gestrichenen Mauern umrahmt ist — eine Sommeroase von mediterraner Anmutung.
„Ich öffne meinen Garten auch deshalb, weil ich mir selbst viele Ideen in anderen Gärten abgeguckt habe“, sagt Egbert Giesen, der im siebten Jahr bei der Offenen Gartenpforte dabei ist. Und er wirbt: „Mitmachen kann jeder. Es wird nicht kontrolliert, ob der Garten schön genug ist.“