Pendler fluchen über RE 7: Liegts am privaten Betreiber?

Verspätet, überfüllt oder ganz ausgefallen. Seit Jahren fluchen Pendler über den Rhein-Münsterland-Express RE 7. Daran hat auch der neue, private Betreiber „National Express“ bisher nichts geändert. Liegts am Unternehmen oder an der Strecke?

Pendler und Verkehrsverbünde beklagen sich über zahlreiche Probleme mit National Express.

Foto: Oliver Berg

Köln. Mehrere Hunderttausend Bahnkunden nutzen jeden Monat den Rhein-Münsterland-Express RE 7 - eine der wichtigsten NRW-Pendlerlinien vom linken Niederrhein über Köln bis ins Münsterland. Und bei vielen Fahrgästen fährt die Wut mit: „Verspätungen, Rauswürfe, Ausfälle, Durchsagen am Bahnsteig, die keinem weiterhelfen“, schimpft ein Fahrgast in einem Leserbrief. „Diese Strecke funktioniert schon seit 17 Jahren nicht“, schreibt die Pendlerin Inge Schürmann. Sie sei zu lang und kreuze zu viele Knotenpunkte, an denen sich Verspätungen potenzieren.

Die Probleme auf der Linie sind wieder hochgekocht, seitdem Mitte Dezember die deutsche Tochter des börsennotierten britischen Unternehmens „National Express“ (NX) die Linie von der Deutschen Bahn übernommen hat und Hoffnungen der Fahrgäste auf schnelle Besserung enttäuscht wurden. Die nagelneuen weißblauen NX-Züge führen schneller an als die Züge des bisherigen Betreibers Deutsche Bahn, das werde Verspätungen reduzieren, hatten die Briten versprochen. Außerdem gebe es reichlich Sitzplätze und besten Komfort.

Doch die Realität sah anders aus. Kurz vor dem Start der Linien musste der Betreiber technische Probleme an den Türen einräumen. Überfüllt waren viele Züge weiterhin. Dann gab es Probleme mit Graffiti: Die überwiegend weiß lackierten Züge wurden mehrfach stark beschmiert - teils inklusive Führungskanzel - und mussten deshalb außerplanmäßig in die Werkstatt. Die Verspätungen eskalierten - in den Anfangstagen seien 24 Prozent der Fahrten problematisch, also länger als drei Minuten verspätet gewesen, sagte ein Sprecher des zuständigen Verkehrsverbundes Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL).

Die wütenden Fahrgastreaktionen gipfelten in öffentlicher Kritik der NRW-Verkehrsverbünde an dem privaten Betreiber, der den Betrieb der Linie und der Regionalbahn RB 48 (Bonn-Wuppertal) nach einem europaweiten Wettbewerbsverfahren gewonnen hatte. Die Verbünde NVR (Köln), VRR (Gelsenkirchen) und NWL (Unna) forderten den Bahn-Konkurrenten vergangene Woche in einer gemeinsamen Erklärung auf, sein Angebot deutlich zu verbessern. Die ersten Wochen seien von Ausfällen und Verspätungen gekennzeichnet gewesen, schrieben sie in einer Mitteilung.

Dagegen schoss der NX-Deutschland-Chef, Tobias Richter, scharf zurück: Über 80 Prozent der Verspätungen und Ausfälle seien nicht von NX beeinflussbar, sondern hingen mit Signal- und Weichenproblemen oder Überholungen durch andere Züge unter anderem der Deutschen Bahn zusammen. Gelegentlich lasse sich der Verdacht einer absichtlichen Behinderung des privaten Konkurrenten auch nicht völlig ausschließen, sagte Richter: „Man muss uns nicht einen Güterzug vor die Nase setzen, wenn wir abfahrbereit im Bahnhof stehen.“

Das wiederum brachte die Bahn auf die Palme. „Den Vorwurf, die Bahn bremse private Konkurrenten absichtlich aus, weisen wir entschieden zurück“, erklärte eine Sprecherin. Auf dem deutschen Schienennetz führen mittlerweile über 390 andere Anbieter. Die DB Netz AG disponiere alle unabhängig von ihrer Herkunft. Auch die These, dass 80 Prozent der Probleme von NX gar nicht in der Hand des Unternehmens lägen, nannte die Bahn „absolut ungerechtfertigt“.

Das Schwarze-Peter-Spiel der Verantwortlichen interessiert die Kunden allerdings wenig. Ständige Verspätungen seien für Berufspendler unakzeptabel. „Die Leute fürchten um ihre Jobs“, sagt Schürmann. Die erfahrene Pendlerin schlägt dem neuen Betreiber vor, ein weiteres Zugpaar an den Endstellen der sehr langen NRW-Linie einzusetzen. Bisher passiere es immer wieder, dass Züge wegen zu großer Verspätung nicht bis zum Endpunkt führen und etwa Köln-Pendler auf der Heimfahrt schon in Neuss aussteigen müssten.

„Gegenseitige Beschuldigungen bringen uns keinen Schritt weiter“, sagte der NWL-Sprecher. Die Anfangsprobleme von „National Express“ hätten sich auch schon entspannt. Der Verspätungsanteil sei auf aktuell rund 8 Prozent zurückgegangen. Deutlich verbesserungswürdig scheint den Kritikern aber weiter die Kommunikation. Über Zugausfälle werde man weder auf der DB App noch auf der Homepage von NX informiert, klagte ein Nutzer vergangene Woche: „Willkommen im 21. Jahrhundert.“ (dpa/lnw)