Phil Collins schmollt und hört auf
Der Sänger hat von der Häme der Kollegen die Nase voll. Ihn werde ohnehin niemand vermissen, glaubt der 60-Jährige.
London. Der Rücken ist kaputt, ein Ohr taub, seine Schlagzeugstöcke kann er nicht einmal mehr festhalten. Nach mehr als vier Jahrzehnten im Showgeschäft hat Phil Collins keine Lust mehr und will sich zurückziehen.
Er würde sich ganz gern selbst aus dem Drehbuch streichen, sagte der Sänger und Schlagzeuger dem englischen „FHM“-Magazin. „Ich mache einen mysteriösen Motorradurlaub — und komme nicht zurück. Das wäre ein großartiges Ende der Geschichte, oder?“
Wenige Wochen nach dem 60. Geburtstag des Genesis-Stars interpretiert die Musikszene den Satz als endgültigen Rückzug. Schon im vergangenen Jahr hatte er angekündigt, nicht mehr auf Tour gehen zu wollen. Nun wird Collins noch deutlicher: „Ich mache mir keine Sorgen, dass ich nicht mehr Schlagzeug spielen kann.“ Es mache ihm eher Angst, kein Brot mehr schneiden zu können.
Phil Collins gehört zu den überragenden Superstars im Musikbusiness. Mehr als 250 Millionen verkaufte Platten, zahlreiche Nummer-eins-Hits, sieben Grammys und sogar ein Oscar für die Musik zum Disney-Film „Tarzan“, so lautet die Bilanz. Doch trotz des kommerziellen Erfolgs — sowohl solo als auch mit Genesis — und seiner unbestrittenen Fähigkeiten als Schlagzeuger: Für seine seichten Popmelodien musste Collins mächtig Kritik einstecken.
Vor allem Ex-Oasis-Mann Noel Gallagher keilte mehrmals gegen den britischen Musiker: „Du musst nicht großartig sein, um erfolgreich zu werden. Schau dir Phil Collins an.“ Die Anfeindungen hätten ihn schon verletzt, sagt Collins nun. Aber er könne den Eindruck, den er hinterlassen habe, nicht ändern.
Im Rückblick betrachtet Collins seine Karriere mit Selbstironie. Er grusele sich heute vor den alten Videos aus den 1980ern, als er mit Superhits wie „Another Day In Paradise“ Millionen begeisterte. „Es ist nicht überraschend, dass die Leute mich gehasst haben. Es tut mir leid, dass wir so erfolgreich waren. Ich habe ehrlich nicht gewollt, dass das passiert.“
In den vergangenen Jahren plagten Collins sowieso andere Sorgen. Jahrzehntelanges exzessives Schlagzeugspielen — schon im Kindergarten bekam er seine erste Trommel — haben seine Gesundheit schwer beeinträchtigt. Nach einer Operation an der Halswirbelsäule hat er kein Gefühl mehr in den Fingern. Für Studioaufnahmen griff er anfangs noch auf eine Notlösung zurück und befestigte sich die Schlagzeugstöcke mit Klebeband an den Händen. Inzwischen rechnet er damit, nie wieder Schlagzeug spielen zu können.
Nein, stören würde ihn das wirklich nicht, betonte Collins. Die Prioritäten haben sich verschoben: Collins gibt sich — nach drei Scheidungen — als Familienmensch. Neulich habe der bekannte US-Talker David Letterman angefragt, ob er nicht mal wieder in seine Show kommen wolle. „Ich kann nicht. Ich habe montags die Kinder“, habe er geantwortet, erzählte Collins.
„Ich gehöre eigentlich nicht in diese Welt“, sagt der in London geborene Musiker, der zurückgezogen in einem Haus am Genfer See wohnt und eine Fernbeziehung mit einer New Yorker TV-Journalistin führt, über die Musikbranche. „Ich glaube nicht, dass mich irgendwer vermissen wird.“