„Prinz Peinlich“ - Andrew unter Feuer
London (dpa) - Solche Fragen musste sich seine Hoheit wohl noch nicht oft vor laufenden Kameras gefallen lassen: „Sind Sie eine Peinlichkeit, Sir?“, fragten Journalisten am Montag Prinz Andrew, den zweitältesten Sohn von Queen Elizabeth II, als er zu einem Meeting schritt.
Der 51-Jährige blieb die Antwort erwartungsgemäß schuldig - die Diskussion um seine Zukunft als Handelsattachée der britischen Regierung dürfte damit aber nicht verstummen. In der Affäre, die den Prinzen seinen Job kosten könnte, geht es um seine Kontakte zu höchst dubiosen Personen. Die Familie von Libyens Diktator Muammar al-Gaddafi gehört ebenso dazu wie der Schwiegersohn des verjagten tunesischen Präsidenten Ben Ali und kasachische Oligarchen sowie libysche Waffenschmuggler.
Vor allem aber die Freundschaft zu dem verurteilten pädophilen US-Geschäftsmann Jeffrey Epstein erregt in Großbritannien die Gemüter. Andrew hatte nachweislich Kontakt zu Epstein, obwohl er bereits von dessen Verurteilung wegen Missbrauchs Minderjähriger gewusst hatte.
Ja, der Prinz hat bei seinem schwerreichen Kumpel sogar Geld eingetrieben, um seiner finanziell klammen Ex-Frau Sarah „Fergie“ Ferguson aus der Schuldenfalle zu helfen. In einem Interview mit der Zeitung „Evening Standard“ bereute Ferguson, dass Geld angenommen zu haben. Es sei ein „riesiger Einschätzungsfehler“ gewesen.
Epstein hatte sich blutjunge Mädchen ins Haus geholt, die ihn massieren mussten - in einigen Fällen soll es danach zu Sex gekommen sein, sagten Zeuginnen laut Medienberichten im Gerichtsprozess 2008 aus. Epstein saß mehr als ein Jahr ein. Seine Haftentlassung wurde gebührend gefeiert - mit dabei war Andrew, wie britische Medien berichteten.
Mit einer 17-Jährigen im Arm, die sich vor Gericht als „Privatmasseuse“ Epsteins vorgestellt hatte, ließ sich Andrew in London fotografieren - die Bilder gingen um die Welt. Offensichtlich ließ auch Andrew sich in Epsteins Luxus-Villa in Palm Beach (Florida) von Mädchen massieren - ohne sexuellen Hintergrund. „Wenn er schuldig ist, massiert worden zu sein, dann ist er schuldig, massiert worden zu sein“, sagte ein Hofbeamter dem „Sunday Telegraph“.
Andrews Weigerung, als Handelsbeauftragter der Regierung zurückzutreten, bringt auch die Downing Street in die Bredouille. Noch am Wochenende hatten Quellen aus dem Umfeld von Premierminister David Cameron die britische Presse mit Einzelheiten über die Affäre geradezu gefüttert. Die Sache schien klar: Die Regierung munitioniert die Presse, der Abgang seiner Hoheit ist beschlossene Sache.
Der Ex-Mann von „Fergie“ aber weigert sich, seinen Posten als Profi-Reisender in nationaler Mission aufzugeben. Und rauswerfen kann ihn keiner. „Die Royals machen immer weiter und weiter. Sie sind nicht feuerbar“, sagte ein Regierungsmitglied der „Daily Mail“.
Abgesehen davon, dass man einen Royal in Großbritannien ohnehin nicht zum Rücktritt auffordern würde: Das Ganze ist ein Ehrenamt. Dennoch kostet den Steuerzahler die Arbeit des Prinzen jährlich ein Vermögen - allein für Reisen 500 000 Euro im vergangenen Jahr. „Wäre er Minister, würde er das auf keinen Fall überleben“, sagte ein ehemaliger Scotland-Yard-Chef.
Der Downing Street blieb am Montag dennoch nichts anderes übrig, als die Versuche, den Prinzen loszuwerden, ersteinmal einzustellen. „Wir haben vollstes Vertrauen in seine Arbeit“, ließ Premierminister Cameron verlauten. BBC-Reporter stellten sogleich einen „signifikanten Unterschied“ fest, zwischen dem was die Regierung offiziell und hinter vorgehaltener Hand sagt.
Wirtschaftsminister Vince Cable war der einzige, der auch öffentlich einräumte, es gebe Gespräche „über die Zukunft“ des Prinzen. Und der Labour-Politiker Chris Bryant beantwortete die Frage der Journalisten: „Andrew wird zur nationalen Peinlichkeit.“