Polizei rechnet mit Mafia-Rache
Besonders kirchliche Feiertage kämen für Mordanschläge in Frage, weil dann die Mafia-Familien in Italien traditionell zusammenkommen.
Düsseldorf. Drei Wochen nach den Mafia-Morden von Duisburg rechnet die Polizei mit einem baldigen Racheakt. Besonders kirchliche Feiertage kämen für Mordanschläge in Frage, weil dann die Mafia-Familien in Italien traditionell zusammenkommen, berichteten Experten des nordrhein-westfälischen Innenministeriums am Donnerstag in einer Sondersitzung des Landtags-Innenausschusses in Düsseldorf. So sei die italienische Polizei am vergangenen Sonntag besonders sensibilisiert gewesen, als in der kalabrischen Mafia-Hochburg San Luca das kirchliche Fest "Madonna della Montagna" gefeiert wurde. Einen Racheakt in Deutschland schlossen die Experten zwar nicht aus, als wahrscheinlicher gelte aber, dass der Pelle-Romeo-Clan, dem die Mordopfer angehört haben sollen, auf italienischem Boden zurückschlägt. Bei den Opfern war ein Bild mit dem herausgebrannten Kopf des Erzengels Gabriel gefunden worden. Dieses Feuer-Ritual wird bei der Aufnahme in die kalabrische Mafia-Organisation 'Ndrangheta vollzogen. Die Kriminalisten bestätigten, dass die Mörder bei der Tat am 15. August, dem Feiertag Maria Himmelfahrt, in Duisburg aus zwei Waffen Schüsse abgaben. Zur Art der Waffen machten sie aus ermittlungstaktischen Gründen weiter keine Angaben. Aufgrund der hohen Zahl der in kurzer Zeit abgefeuerten Kugeln handelte es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um automatische Schnellfeuerwaffen. Die Polizei sucht weiterhin nach dem Tatverdächtigen Giovanni Strangio, einem Pizzabäcker aus Kaarst bei Düsseldorf, der dem Strangio-Nirta- Clan angehören soll. 500 Hinweise seien bislang eingegangen. Die Opposition im NRW-Landtag äußerte unterdessen den Verdacht, dass die Duisburger Polizei bereits vor dem Sechsfachmord umfassende Hinweise der italienischen Polizei auf die Mafia-Aktivitäten in Duisburg erhalten habe. In einem vom Bundeskriminalamt weitergeleiteten Dossier sollen auch die späteren Mordopfer als gefährdete Personen genannt sein, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD, Karsten Rudolph. NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) bekräftigte, dass es vor dem Mordanschlag keine konkreten Anhaltspunkte für die Bluttat gegeben habe. Mit Hinweis auf die Geheimhaltungspflicht wollte der Minister allerdings nicht sagen, ob in dem Dossier mehrere der späteren Mordopfer als gefährdet eingestuft werden. Die Zusammenarbeit mit der italienischen Polizei habe gut funktioniert und zum wichtigen Teilerfolg, dem konkreten Tatverdacht, beigetragen. Vermutungen der Opposition, wonach italienische Ermittler bereits zur Tatzeit in Duisburg gewesen seien, wies das Ministerium als falsch zurück. Nach wie vor arbeiteten in Duisburg 120 Beamte an der Aufklärung des Verbrechens, unterstützt von fünf italienischen Ermittlern sowie von Spezialisten des Landes- und Bundeskriminalamtes.