Bewährungs- und Geldstrafen Polizisten hindern Mann am Toilettengang

Mosbach. Ein Autofahrer darf bei einer Polizeikontrolle nicht aufs Klo - und macht sich in die Hose. Dafür hat das Landgericht Mosbach zwei Beamte verurteilt - wegen Körperverletzung im Amt.

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Sie hatten dem Mann bei der Kontrolle im März 2014 den Gang zur Toilette verweigert. Als sie ihm Handschellen anlegen wollten, hatte der Autofahrer seinen Stuhlgang nicht mehr halten können.

Einer der Polizisten erhielt eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten, der andere eine Geldstrafe von 9000 Euro. Sie müssen außerdem mit einem Disziplinarverfahren rechnen. Es sei den beiden um eine Disziplinierung des Fahrers gegangen, sagte der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung, nicht um Strafverfolgung. Der Autofahrer sei kooperativ gewesen, aber die Polizisten hätten zeigen wollen, „wer der Chef ist“.

Die heute 40 und 53 Jahre alten Beamten hatten den Chemielaboranten vor dessen Haus in Wertheim gestoppt, weil er allzu forsch mit seinem Wagen gefahren war. Die Situation eskalierte, weil der Mann mehrfach darum bat, auf die Toilette gehen zu dürfen. Seine Papiere hatte er auf die Motorhaube eines Wagens geworfen. Die Polizisten forderten schließlich einen Alkoholtest, weil der Mann eine „ungewöhnliche Ausdünstung“ gehabt habe. Doch der weigerte sich. Dann drückten ihn die Beamten gewaltsam zu Boden. Ein Alkoholtest ergab später, dass der Mann gar keinen Alkohol getrunken hatte.

Vor Gericht beteuerten die sichtlich aufgewühlten Beamten, man habe nicht ausschließen können, dass der Fahrer alkoholisiert sei. „Dass er auf die Toilette muss, hielten wir für eine Schutzbehauptung“, sagte der jüngere Beamte, der auch die Kontrolle vorangetrieben hatte und die Bewährungsstrafe erhielt. Er habe gefürchtet, der Mann könnte sich im Haus - oder auf der Toilette - verschanzen.

Der Chemielaborant sagte dagegen vor Gericht, er habe sich nicht gewehrt: „Ich wusste gar nicht, wie mir geschieht.“ Sein 86 Jahre alter Vater und seine Ehefrau sagten, die Beamten hätten geschrien und seien unverhältnismäßig vorgegangen.

Die Staatsanwältin hatte Bewährungsstrafen von elf beziehungsweise acht Monaten gefordert. Das Verhalten sei nicht gerechtfertigt gewesen, zumal Personalien und Adresse des Fahrers feststanden, argumentierte sie. Die Verteidigung hatte Freispruch gefordert und betont, die Beamten hätten Klarheit schaffen müssen - sonst hätten sie sich womöglich der Strafvereitelung im Amt schuldig gemacht. Dass der Verdacht der Polizisten letztlich falsch war, „bedeutet nicht, dass es falsch war, den Verdacht zu haben“, sagte einer der Anwälte. Sie behalten sich vor, Rechtsmittel einzulegen.

Dass es immer wieder Fälle gibt, in denen sich Polizisten falsch verhalten, räumt die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ein. „Es gibt wie in jeder Gruppe auch bei der Polizei Fälle von Fehlverhalten“, sagte GdP-Bundeschef Oliver Malchow. Er warnte aber vor einer pauschalen Verurteilung von Polizisten. Die Beamten würden darin geschult, ihren Dienst ohne Auseinandersetzung mit Bürgern zu absolvieren. Auch disziplinarrechtliche und strafrechtliche Schritte - wie im Fall der beiden angeklagten Beamten - seien geeignete Instrumente, um mögliches Fehlverhalten zu vermeiden.

Thomas Wüppesahl, Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizistinnen und Polizisten (BAG), sieht das anders. Es sei für Polizeibeamte nach wie vor schwierig, ein Fehlverhalten von Kollegen zu kritisieren oder gar zu melden. So führe immer wieder ein falsch verstandener Korpsgeist dazu, dass Übergriffe nicht gemeldet würden. „Es wird regelmäßig gegen rechtliche Vorgaben verstoßen. Und in vielen Fällen funktioniert schlicht die Dienstaufsicht nicht“, sagte er. Auch hätten Polizisten bei Richtern und Staatsanwälten oftmals einen Amtsbonus, sagte Wüppesahl. „Insofern bin ich schon überrascht, dass es hier überhaupt zur Anklage kam.“ (dpa)