Porträt: Auf Stippvisite bei Modedesigner Harald Glö(ö)ckler

Acht Schlafzimmer, Whirlpool, Plüsch und Blitzlicht. Auf Stippvisite beim Modedesigner Harald Glö(ö)ckler.

Berlin. Er ist der König des Teleshoppings. Oder das personifizierte Neuschwanstein, ein Gesamtkunstwerk, die schwäbische Antwort auf Versace. Modeschöpfer Harald Glööckler (47) trägt fast so viele Etiketten mit sich herum wie Pailletten auf dem Pullover. Die Ringe an seinen Fingern klimpern leise, er löffelt im Obstsalat. „Ich empfinde mich nicht als schrill, wenn andere das finden, sollen sie das schreiben“, sagt er.

Aus dem V-Ausschnitt ragt als Tattoo ein Einhorn. An Glööcklers Augen kleben künstliche Wimpern, der Bart sieht aus wie gemalt. Gina Lollobrigida soll den Designer einmal bei einer Modenschau Backstage überrascht haben — er trug nur einen String. Zu Karneval bekam er Mails von Leuten, die als Glööckler gingen. Für den schwulen Kinohelden „Brüno“ soll er Pate gestanden haben. In seiner Biografie notiert er dazu: „In der Lederhose sehe ich geiler aus.“

Hm. Nicht schrill? Ein Hausbesuch in Berlin. Vom Papillon-Hündchen Billy King begleitet, führt Glööckler durch sein Reich — den Showroom mit Couture-Puppen und das Penthouse mit der Dachterrasse. Es gibt auf den 1400 Quadratmetern acht Bäder. Auf einem der Gemälde ist der Hausherr als Ludwig der XIV. zu sehen. Die Möblierung schwankt zwischen Hightech und XXL-Barock. Glööckler reicht es nicht, wenn ein Sessel goldene Armlehnen hat — er packt noch vier Engelsflügel oben drauf. Im Schlafzimmer steht ein riesiger Whirlpool.

Wer denkt, Glööckler verdient mit seinen Lizenzen für Produkte und den Teleshopping-Auftritten kein Geld, bekommt hier den Gegenbeweis serviert. „Er ist der erfolgreichste deutsche Designer im Business“, sagt sein langjähriger Lebensgefährte Dieter Schroth (63). Das solle mal einer nachmachen. „Man muss ja sehen, Harald Glööckler wurde viele, viele Jahre geteert, gekämmt, gebürstet und ausgelacht.“ Vor 25 Jahren lernten die beiden sich in einer Disco kennen. Unter 2000 Männern sei es Harald gewesen, der ihn fasziniert habe, sagt Schroth. „Seine Aura — mich hat der Schlag getroffen.“

Als er 1990 sein Label „Pompöös“ taufte, legte sich Harald Glööckler, Gastwirtssohn aus Baden-Württemberg, ein Doppel-ö im Namen zu. Als Kind hat er Edith-Piaf-Kassetten gehört und war von Zarentochter Anastasia fasziniert. Und er beschloss, Frauen in Prinzessinnen zu verwandeln. Das will Glööckler noch heute — auch bei Frauen mit Größe 52.

„Es ist eine ganze Welt, die ich kreiere“, sagt er. Gerade haben seine Tapeten und eine Hundekollektion (mit Krönchen auf dem Fressnapf) ein mittelschweres PR-Beben ausgelöst. Dieses Jahr sind neue Fernsehshows geplant, in Deutschland und USA. Exzentrik und Mode funktionierten gut im US-TV, sagt Glööckler. „Ich sehe ja, wie die drüben auf mich reagieren.“ Auf dem Times Square werde er fotografiert. Das sei Amerika.

In Deutschland hingegen hätten es Stars, die ihren eigenen Weg gingen, schwer. „Wir haben keinen Versace mehr, keine Elizabeth Taylor und keinen Michael Jackson. Wir haben keinen Glamour mehr. Wir haben Stars, aber die sind nicht glamourös.“

Glööckler ist nachdenklicher als es sein Paradiesvogel-Ornat vermuten lässt. „Die ersten zwei Jahre ist es gar kein Problem, wenn man exzentrisch und ausgefallen ist, da wird man von den Medien hochgepusht. Wenn es dann läuft, dann geht es bis zu einem gewissen Punkt gut. Aber zu erfolgreich darf man nicht sein — das ist nun mal in Deutschland so.“