Porträt: Die Zwickmühle des Zoodirektors

Dag Encke ist Chef des Nürnberger Tiergartens. Der Krefelder bedauert, dass der Eisbär von Hand aufgezogen wird.

Nürnberg/Krefeld. Seit einer Woche hat Dag Encke ein neues Morgenritual. Der Zoodirektor stellt sich jeden Tag am Haupteingang des Nürnberger Tiergartens vor die Mikrofone und berichtet vom Eisbären-Baby - wie viel es getrunken hat, dass die Augen aufgehen und es mit der Verdauung prima klappt. Manchmal steht er auch schon um 6.30 Uhr vor einer Fernsehkamera. Gestern verkündete er im ZDF-"Morgenmagazin" das Bären-Gesundheitsbulletin.

Kaum hatte Dag Encke 2005 den Chefposten im Nürnberger Zoo übernommen, sorgte er für grausige Schlagzeilen. Er fuhr zufällig mit dem Fahrrad durch den Stadtwald, als ein Mann dort seine Ex-Frau erschoss. Encke versuchte, dem Täter in den Arm zu fallen, und erlitt einen Bauchschuss.

Die Euphorie um die kleine Eisbärin mag der zurückhaltende Rheinländer nicht so recht teilen. "Sie ist noch nicht über den Berg", warnt er. Denn mit Tierbabys haben die Nürnberger ernüchternde Erfahrungen gemacht. So hatte Encke eine Lagune für die Delfine bauen lassen. Aufzuchterfolge bleiben bisher aber aus: Sieben Jungtiere starben seit 2005.

Als Chef des Tiergartens steckt Encke allerdings in einer Zwickmühle. Er versucht prinzipiell, Tiere in der unnatürlichen Umgebung eines Zoos so natürlich wie möglich zu halten. Doch als die Eisbärin Vilma ihre beiden wahrscheinlich kranken Jungen gefressen hatte, wallten die öffentlichen Emotionen wegen des verbliebenen Babys von Bärin Vera so hoch, dass er kaum noch gegen eine Handaufzucht entscheiden konnte.

Zoodirektor: Dag Encke wurde 1965 in Krefeld geboren. Seine Kindheit verbrachte er im dortigen Zoo, den sein Vater Walter 36 Jahre lang geleitet hat. Nach Biologiestudium und Promotion wollte Dag Encke ursprünglich im Umweltschutz oder in der Politik arbeiten. Dann entschied er sich doch für den Zoo. Acht Jahre lang arbeitete er als Kurator im Allwetterzoo Münster, 2005 wechselte er als Chef nach Nürnberg. Encke ist verheiratet und hat drei Kinder.

Bärenfilme: Die kleine Eisbärin wird Fernsehstar. Das ZDF zeigt ab dem kommenden Montag vier Folgen seiner Zooreihe als Bärenbaby-Schwerpunkt (jeweils 15.15 Uhr).