Präses contra Sterbehelfer

Ein angeklagter Psychiater ist am Mittwoch Gast bei einer Podiumsdiskussion der evangelischen Kirche in Wuppertal.

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Wuppertal. Als die evangelisch-reformierte Gemeinde in Wuppertal-Ronsdorf Dr. Johann Friedrich Spittler und Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, als Referenten für die Podiumsdiskussion zum Thema Sterbehilfe auswählte, war nicht abzusehen, welche Brisanz in der Veranstaltung steckt.

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Am 12. Mai erhob die Hamburger Staatsanwaltschaft Anklage gegen Spittler und den früheren Hamburger Innensenator Roger Kusch wegen gemeinschaftlichen Totschlags in mittelbarer Täterschaft. Die Angeklagten sollen mit dem Verein Sterbehilfe Deutschland zwei Seniorinnen in den Tod begleitet haben — ohne die Frauen über Alternativen aufgeklärt zu haben.

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Einen Grund für die Absage der Veranstaltung oder eine Ausladung von Johann Friedrich Spittler sieht die evangelische Kirche darin allerdings nicht.

Laut der Staatsanwaltschaft sollen sich die Angeklagten Anfang des Jahres 2012 dazu entschlossen haben, einen Präzedenzfall in der Sterbehilfe, nämlich in Bezug auf eine Begleitung bis in den Tod, zu schaffen. Obwohl die Satzung des Vereins Sterbehilfe Deutschland, deren Vorsitzender Kusch ist, eine Unterstützung zur Selbsttötung nur bei hoffnungsloser Prognose, unerträglichen Beschwerden oder unzumutbarer Behinderung vorsieht, habe Spittler fälschlicherweise in einem Gutachten den Entschluss der beiden Frauen im Alter von 81 und 85 Jahren als „wohlerwogen“ attestiert.

Im November 2012 nahmen sich die Frauen mit Gift das Leben. Spittler soll laut Anklage erst eine halbe Stunde später die Feuerwehr verständigt haben, um sicherzugehen, dass der Tod herbeigeführt war.

„Die Evangelische Kirche im Rheinland hat sich mit ihrem biblisch begründeten Nein zur aktiven Sterbehilfe klar positioniert. Präses Manfred Rekowski tut das unter anderem, indem er an der Diskussionsveranstaltung teilnehmen wird“, heißt es von der Landeskirche. Über eine Absage habe allein die Gemeinde zu entscheiden.

Die Entscheidung, die Veranstaltung wie geplant stattfinden zu lassen, machte sich Gemeindepfarrer Jochen Denker nicht leicht. „Zum Zeitpunkt der Einladung war uns nichts von der Anklage in Hamburg bekannt“, sagt Pfarrer Denker. Nach seiner Ansicht sei es aber wichtig, dass die evangelische Kirche eine klare Gegenposition beziehe.

„Auf das Thema Sterbehilfe werde ich immer wieder von Menschen angesprochen, die Hilfe und Orientierung suchen.Daher müssen wir uns als Kirche dem Thema Sterbehilfe stellen. Und das kann man in einer Diskussion am besten, wenn es auch unterschiedliche Standpunkte gibt“, sagt Jochen Denker und kündigt an: „Sollte Dr. Spittler den Versuch unternehmen, aus dem Abend eine Werbeveranstaltung für aktive Sterbehilfe zu machen, dann brechen wir die Diskussion sofort ab.“