Proteste und Randale in WM-Stadt São Paulo
São Paulo (dpa) - Nach der WM-Partie zwischen England und Uruguay (1:2) in São Paulo ist es zu schweren Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten gekommen.
Maskierte Demonstranten schossen Feuerwerkskörper auf Polizisten, warfen Molotow-Cocktails, rissen Mülleimer aus Verankerungen und demolierten teure Autos in den Schauräumen mehrerer Autohändler. Die Polizei setzte im Gegenzug Tränengas gegen die Randalierer ein, die dem sogenannten Schwarzen Block zugerechnet werden. Berichte über Verletzte und Festnahmen gab es zunächst keine.
Polizeiangaben zufolge hatten zunächst 1300 Menschen friedlich für kostenlose Fahrscheine in öffentlichen Bussen und Bahnen demonstriert. Die Aktion wurde von der Gruppe „Movimento Passe Livre“ (MPL) organisiert, die sich für einen Nulltarif im öffentlichen Nahverkehr einsetzt.
Die Veranstalter sprachen von bis zu 6000 Teilnehmern. Die Demonstranten blockierten zeitweise die zentrale Einkaufs- und Bankenmeile Avenida Paulista. Die Proteste seien ein „Gegengewicht“ zur Fußball-WM, sagte Mariana Toledo, eine Sprecherin der Gruppe. Die Öffentlichkeit könne zu wenig an dem Turnier teilhaben, Demonstrationen und Straßenverkäufe wurden eingeschränkt, fügte sie hinzu.
Wie die Tageszeitung „Folha de São Paulo“ berichtete, waren Studenten, U-Bahn-Arbeiter und mit Pfeil und Bogen bewaffnete Vertreter indigener Völker unter den Teilnehmern. Bei den Randalierern habe es sich um eine Gruppe von etwa 50 Vermummten gehandelt. Einige Demonstranten wollten die Vermummten vom Randalieren abhalten, berichtete die Zeitung „O Globo“. Es sei zu Streit zwischen den Demonstranten gekommen. Die MPL habe nach Angaben von Mitgliedern ihre Demonstration wegen der Randale und des Polizeieinsatzes vorzeitig beendet, schrieb „Folha“.
Die Gruppe könne nicht bestimmen, wer an den Demonstrationen teilnehme, betonte demnach MPL-Mitglied Lucas Monteiro. MPL sei nicht verantwortlich für die Zerstörungen. Mit den Demonstrationen der Bewegung hatten im vergangenen Jahr die Massenproteste während des Confederations Cups begonnen. Damals hatten zahlreiche Städte eine geplante Erhöhung der Ticketpreise in Bussen und Bahnen zurückgenommen, was von den Demonstranten als zentraler Erfolg gefeiert wurde.
Seitdem wurden die Fahrpreise aber sukzessive wieder angehoben. 2013 hatten Hunderttausende Menschen in Brasilien gegen Korruption, Misswirtschaft, Mängel im Bildungs- und Gesundheitswesen und die Milliarden-Kosten für die WM protestiert. Auch während der WM kam es in verschiedenen Spielorten mehrfach zu Protesten. Allerdings erreichten diese bisher bei weitem nicht die Ausmaße des Vorjahres.