Prozessauftakt gegen „Netto-Räuber“: Angeklagte legen Geständnis ab
Ein Räuber-Duo hatte es vor allem auf den Discounter Netto abgesehen. Ihre Beute nach mehreren Jahren: rund 750 000 Euro. Nun legten die Männer vor Gericht umfassende Geständnisse ab.
Köln (dpa) - Jahrelang sollen die „Netto-Räuber“ Supermarkt- Filialen in ganz Deutschland überfallen haben. Einer der mutmaßlichen Täter reiste zu den Raubzügen aus Afrika an, sein Komplize steuerte Insidertipps bei. Zum Prozessauftakt vor dem Landgericht Köln legten die beiden Angeklagten umfassende Geständnisse ab.
Insgesamt soll das 38 und 39 Jahre alte Duo von November 2005 bis Mai 2011 rund 750 000 Euro erbeutet haben. Beide Männer gaben finanzielle Probleme als Motiv für die Raubüberfälle an. „Ich konnte zuletzt meine Familie nicht mehr ernähren“, sagte der ältere Angeklagte, der spielsüchtig war und hohe Schulden hatte.
Er war Netto-Gebietsverkaufsleiter und nutzte sein Insider-Wissen für die Überfallserie. Der 38-Jährige, ein früherer Polizist, soll für die Taten eigens aus Kenia eingeflogen sein, wo er mit Frau und einem Kind lebte. Laut Staatsanwaltschaft erfolgten die Überfälle zum größten Teil nach der gleichen Masche: Der mutmaßliche Haupttäter (38) gab sich bei den Discounter-Filialen als Kontrolleur der Geschäftsleitung - Revisor - aus.
Oft trug er ein Netto-T-Shirt oder ein Namensschild für Angestellte der Firma. Ohne Verdacht zu schöpfen, gewährten ihm Angestellte Zugang zu den Marktleiterbüros. Dort zog der Räuber eine Waffe und erzwang die Herausgabe der Beute. Die Angestellten fesselte er meist mit Kabelbindern. Der 39-Jährige stand bei den Überfällen häufig Schmiere und soll auch Fahrer der angemieteten Fluchtfahrzeuge gewesen sein. Er gestand, sein Geschäftswissen für die Taten genutzt zu haben. Unter anderem wusste er, welche Geldbestände in den Kassen lagerten.
Bei 31 Überfällen konnten die Täter laut Anklage meist mit den gesamten Tageseinnahmen der Filialen entkommen. In drei Fällen sei es bei einem Versuch geblieben. Die beiden Männer kannten sich schon aus der Jugendzeit. In Neuss hatten die Beschuldigten früher gemeinsam die Schulbank gedrückt. Die Täter waren nach intensiven Ermittlungen der Polizei - unter anderem durch Handy-Lokalisationen - im Sommer 2011 ins Netz gegangen. Auch in der TV-Sendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ war nach ihnen gefahndet worden.