Quengelware an Supermarktkassen: Mütter sind sauer auf Süßes
Sogenannte Quengelware an der Supermarktkasse kann nerven. Die Berlinerin Caroline Rosales will das nun ändern — per Charme und Internet.
Berlin. Vielleicht hat der Berliner Szenebezirk Prenzlauer Berg eine neue Heldin. Im kinderreichen Kiez, in dem viele Paare ihren Traum vom Elterndasein leben, kann das nur eine Mutter sein. Eine wie Caroline Rosales, clever, hübsch und mit einem Blog im Internet. Und dazu mit der Energie, ihre Welt ein bisschen besser zu machen.
Dabei hat Caroline Rosales gerade einen Sieg errungen: Sie brachte den Supermarkt in der Nachbarschaft dazu, ab Januar „Familienkassen“ einzurichten: ohne Süßigkeiten als Lockmittel. Denn dann quengelten Kinder nicht ständig herum und würden auch nicht so dick. Damit ist Rosales wohl weiter gekommen als Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) vor drei Jahren.
Für Rosales ist das ein Punktsieg. „Für die Macht des kleinen Konsumenten“, betont sie. Allein ist die Mutter von Söhnchen Maxime nicht, seit sie eine Online-Petition startete: gegen die Supermärkte, die ihre Kunden beim Anstehen an der Kasse an Bergen von Süßigkeiten vorbeiführen. Dagegen steht Rosales’ Modell einer „Familienkasse“ mit Obst oder Wasser in den Regalen. Ihre Idee ist zwar nicht neu, aber souverän verpackt.
Fast 700 Gleichgesinnte haben die Petition schon unterzeichnet. An Kommentaren haben sie nicht gespart: „Es ist nicht zu ertragen — Kinder krank und süchtig zu machen“, heißt es. Im Mama-Blog fallen die Urteile kritischer aus: „Wer zu seinem Kind nicht Nein sagen kann, hat in seiner Erziehungsmethode versagt.“
Ein typisches Prenzl-Berg-Ding ist die Aktion nicht. Bereits Anfang 2010 hatte sich Aigner gegen Süßigkeiten an Supermarktkassen ausgesprochen — und Obst vorgeschlagen. Die FDP empörte sich und sprach von einer „bevormundenden staatlichen Verbraucherpolitik“. Die Grünen höhnten über zuckersüße, aber wirkungslose Appelle von „Mutter Aigner“. Die Süßwarenindustrie war der Meinung, dass dies nichts gegen Übergewicht helfe.
Beim Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels sieht Sprecher Christian Böttcher die Dinge heute nicht so verkrampft. „Ich habe selbst zwei kleine Kinder“, sagt er. Kassenschlangen neben Regalen voller Süßigkeiten stellten Eltern wirklich auf eine harte Probe. Böttcher hält es gar für einen guten Service, Kassen mit unterschiedlicher „Impulsware“ auszustatten, warum nicht auch Obst?
Der Kunde könne sich dann ja frei entscheiden. Aber er findet es in der Marktwirtschaft auch nicht verwerflich, wenn Händler Kaufanreize erhöhen. „Sonst würde die Wirtschaft nicht funktionieren.“ Die Supermarktfiliale im Prenzlauer Berg ist vor der Quengelei der Kiez-Mütter vielleicht gar nicht in die Knie gegangen. Es könnte ja auch ein gutes Geschäft werden.