Regiepreis für István Szabó - Meister der Einfühlung
München (dpa) - Der ungarische Regisseur István Szabó ist am Sonntagabend mit dem Deutschen Regiepreis Metropolis ausgezeichnet worden. Die Jury würdigte Szabó als einen Filmemacher, der auch im „kunstvoll Inszenierten Authentizität anstrebt“.
Er benötige für seine Filme keine wild ausschweifenden Fantasien; ihm reichten „Materialsplitter der Geschichte und des selbst Erlebten“, heißt es in der Laudatio. Filmemachen sei für Szabó das visuell einprägsame Erzählen menschlicher Erfahrungen und Emotionen.
Der im Rahmen einer Galaveranstaltung in München überreichte Preis ist mit 20 000 Euro dotiert. Seit 2011 ehrt der Bundesverband der Film- und Fernsehschaffenden (BVR) damit herausragende Regisseure.
Der in Budapest geborene Szabó ist Mitschöpfer des in den 1960er Jahren begründeten neuen ungarischen Films. Bereits als 26-Jähriger erhielt er die Möglichkeit, seinen ersten großen Spielfilm zu drehen. Die Kritik feierte „Die Zeit der Träumereien“ (1964), eine peinvolle Auseinandersetzung mit den Illusionen und den Reifungs- und Anpassungsprozessen seiner Generation, als ersten originär ungarischen Beitrag zum Autorenfilm.
Mit „Vater“ (1966) und „Liebesfilm“ (1970) setzte Szabó die mitunter quälende Erforschung von Identität und Selbstbild seiner Protagonisten fort. Nach der Wende entstanden „Sunshine - Ein Hauch von Sonnenschein“ (1999), das generationenübergreifende Porträt einer Budapester jüdischen Familie, „Taking Sides - Der Fall Furtwängler“ (2001) und „Rokonok“ (Die Verwandten/2006), die Verfilmung eines Romans des ungarischen Klassikers Zsigmond Moricz.
Sein jüngstes Werk, „Hinter der Tür“ (2012), erzählt die Geschichte zweier Frauen, einer Schriftstellerin und ihres Dienstmädchens, auf der Suche nach gegenseitiger Zuneigung und Vertrauen im Budapest der 1960er Jahre. Zentral in Szabós Schaffen bleibt jedoch seine Trilogie, die außer „Mephisto“ (1981) auch „Oberst Redl“ (1985) und „Hanussen“ (1987) umfasst.
Die Filme der Trilogie zeichnen die gesellschaftlichen Zustände in der k.u.k.-Monarchie beziehungsweise im Nationalsozialismus nach. Die fein gewobene Darstellung von Unterdrückung, persönlichem Verrat, Einknicken vor der diktatorischen Macht und den damit einhergehenden Konsequenzen wurde vom Publikum im kommunistischen Ungarn durchaus im Lichte der eigenen, damals herrschenden Verhältnisse aufgenommen.
Einen Schatten auf Szabós Lebenswerk hatten allerdings im Jahr 2006 Recherchen des Filmkritikers Andras Gervai im Stasi-Archiv geworfen. Gervai war in den alten Geheimdienstakten auf Hinweise gestoßen, dass sich Szabó als Filmstudent vom kommunistischen Geheimdienst als Spitzel hatte anwerben lassen und Berichte über Mitstudenten und Lehrer geschrieben hatte. Szabó leugnet die Relevanz seines damaligen „Ausrutschers“.