Reichenhaller Eishallen-Prozess: „Ungerechtes Urteil“

Eine Bewährungsstrafe und zwei Freisprüche im Prozess um die eingestürzte Halle. Die Angehörigen der Opfer sind entsetzt.

Traunstein. Wie soll er das seinem Sohn erklären? Dass ein Mann wegen des Todes der Mama verurteilt wurde, zwei Männer aber davon kommen, als wäre nie etwas gewesen? Franz Zauner weiß es nicht. "Ich habe Angst, nach Hause zu gehen", sagt er. Ein Zuhause, in dem er seit fast drei Jahren seinen heute zehn Jahre alten Sohn alleine aufziehen muss, weil seine Frau von den Trümmern der Eishalle von Bad Reichenhall erschlagen wurde. Ebenso wie bei anderen Angehörigen bebt in Zauner die Wut über den Ausgang des Prozesses um das Unglück vom 2. Januar 2006, bei dem 15 Menschen starben.

Vor dem Urteil des Landgerichts Traunstein gab es zwei Erwartungen: Entweder würde der Vorsitzende Richter Karl Niedermeier den auf der Anklagebank sitzenden Statiker der Eishalle, den Architekten sowie einen Gutachter freisprechen. Oder er würde die drei wegen fahrlässiger Tötung verurteilen. Dass es etwas dazwischen geben könnte, erschien nicht vorstellbar.

"Bitter und ungerecht" sei es, sagt Dagmar Schmidbauer. Als Richter Niedermeier den ersten Angeklagten, den Statiker Walter G., zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt hatte, hatte ihr Mann noch zufrieden gelächelt. Als der Freispruch für den Gutachter Rüdiger S. folgte, gefror ihm das Lächeln wieder. Dagmar Schmidbauer war mit ihren Töchtern Marina und Christina in der Halle, als das Dach einstürzte. Die elf und acht Jahre alten Mädchen starben, ihre Mutter überlebte schwer verletzt.

Rachegefühle hegten sie nicht, sagt das Ehepaar. Den verurteilten G. loben sie sogar, weil er als einziger ein Geständnis abgelegt hat. Aber ein "größeres Maß an Gerechtigkeit" habe er sich schon gewünscht, sagt Robert Schmidbauer. Um den Schmerz, den er jeden Tag verspüre, besser zu ertragen. Beim Architekten Rolf R. stand schon länger fest, dass er beim Bau als einer von vielen nur eine untergeordnete Rolle spielte. Aber der Gutachter Rüdiger S. hätte ihrer Meinung nach verurteilt werden müssen. Im Jahr 2003 hatte er trotz sichtbarer Schäden den Hallenzustand für gut befunden.

Seinen Freispruch begründet das Gericht mit dem unfassbaren Pfusch im Bauamt der Stadt Reichenhall. Trotz großer Wassereinbrüche durch das Hallendach hätten die Mitarbeiter dort nie auf Warnungen reagiert. Die Schlussfolgerung von Richter Niedermeier: Selbst wenn der Gutachter gewarnt hätte, wäre nichts geschehen. Robert Schromm, dessen Frau bei dem Einsturz starb, sieht wegen der Fehler bei der Stadt G. nur als "Bauernopfer". Die tatsächlichen Verantwortlichen kämen ungeschoren davon.

Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung wollen die Revision prüfen.