NRW Reichsbürger unter Beobachtung

Innenministerium erstattet dem Landtag Bericht über Erkenntnisse zu der bizarren Bewegung.

Innenminister Ralf Jäger (SPD) appelliert, die Reichsbürger nicht als Verrückte zu verharmlosen.

Foto: Rolf Vennenbernd

Düsseldorf. Natürlich meinte der CDU-Abgeordnete Lothar Hegemann seine Frage am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags nicht ernst, doch ganz so fernliegend erscheint sie angesichts des bizarren Themas „Reichsbürger“ nun auch wieder nicht: „Lassen sich diese Beamten von Kaiser Wilhelm bezahlen oder erhalten sie ihre Bezüge vom Land?“, fragte Hegemann.

Es ging um die zwei bekannt gewordenen Disziplinarverfahren in Dortmund und Düsseldorf gegen Polizeibeamte wegen Bekenntnisses zu den Reichsbürgern. Die Verfahren liefen noch, hieß es am Donnerstag im Innenausschuss, in dem Innenminister Ralf Jäger (SPD) und Uwe Reichel-Offermann, Leitender Ministerialrat im Innenministerium, den Abgeordneten Bericht über diese seltsame Gruppe erstatteten.

Den gedanklichen Hintergrund der Reichsbürger, deren Zahl Reichel-Offermann in NRW auf 200 bis 300 schätzt, beschrieb er so: „Sie sagen, dass das Deutsche Reich in den Grenzen der 1930er Jahre weiter existiere, dass die Bundesrepublik eine GmbH ohne rechtliche Legitimation sei. Sie erkennen Gesetze und staatliche Maßnahmen nicht an.“ Neben sektenartigen Gruppen gebe es Einzelpersonen, die etwa im Internet aktiv sind oder sich an Behörden wenden.

Dabei ließen sich drei Gruppen unterscheiden: Verschwörungstheoretiker, Rechtsextremisten und Abgabenverweigerer, die einfach nur nach Argumenten suchten, ihre Verpflichtungen gegenüber dem Staat zu bestreiten. In NRW habe es seit Anfang 2014 rund 40 Straftaten von Tatverdächtigen mit Bezug zu den Reichsbürgern gegeben. Es gehe um Volksverhetzung, Beleidigung, Gewaltdelikte, Widerstand gegen Polizei, Verstöße gegen das Waffengesetz.

Bundesweit habe es 2015 fünf durch Reichsbürger verübte Gewaltdelikte gegeben, 2016 waren es bereits zehn Fälle. Mit dem traurigen Höhepunkt vom 19. Oktober, als ein Polizist tödlich getroffen und drei weitere Beamte zum Teil schwer verletzt wurden.

Schon vorher hatten Polizei und Verfassungsschutz in NRW begonnen, ihre Erkenntnisse mit Eintragungen der Waffenbehörden abzugleichen. Die Prüfung laufe und die Ergebnisse sollen anschließend den Waffenbehörden zur Prüfung eines Widerrufs vorgelegt werden. Reichel-Offermann setzt darauf, dass sich ein Vorstoß von Hessen im Bundesrat durchsetzt. Danach soll es eine Regelabfrage der Waffenbehörde beim Verfassungsschutz geben, sodass schon vor Erteilen einer Waffenerlaubnis Klarheit über den Antragsteller herrscht.

Innenminister Jäger betonte, dass man die Reichsbürger nicht als Verrückte verharmlosen dürfe, besonders dann, wenn sie legal in Besitz von Waffen gekommen sind. Jäger: „Waffen gehören nicht in die Hände erklärter Staatsfeinde.“ Und der FDP-Abgeordnete Joachim Stamp mahnte: „Nur weil wir Leute für irre halten, heißt das nicht, dass von ihnen keine Gefahr ausgeht. Das hat man bei den Salafisten gesehen.“