Nach Relotius-Affäre Relotius geht gegen Moreno-Buch über Fälschungsskandal vor

Hamburg · Rund fünf Wochen nach Erscheinen des Buchs über die Relotius-Affäre geht der frühere „Spiegel“-Journalist gegen das Werk von Autor Juan Moreno vor - wegen „Unwahrheiten und Falschdarstellungen“.

Der Journalist Claas Relotius, aufgenommen bei seiner Auszeichnung als "CNN Journalist of the Year 2014".

Foto: dpa/Ursula Düren

Rund fünf Wochen nach Erscheinen des Buchs „Tausend Zeilen Lüge - Das System Relotius und der deutsche Journalismus“ geht der frühere „Spiegel“-Journalist Claas Relotius gegen das Werk von Autor Juan Moreno vor. Eine Prüfung des gut 280 Seiten umfassenden Buchs habe ergeben, dass sich darin „erhebliche Unwahrheiten und Falschdarstellungen“ finden, heißt es in einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Schreiben von Relotius' Anwalt Christian Schertz an den Rowohlt Berlin Verlag und den Autor Moreno. Konkret werden in dem Schreiben, über das zuvor die „Zeit“ berichtet hatte, mehr als 20 Stellen moniert.

Der Rowohlt Berlin Verlag erklärte, dass in dem Schreiben an keiner Stelle bestritten werde, „dass Claas Relotius zahlreiche Reportagen frei erfunden oder gefälscht hat, ebensowenig werden Morenos Beweise, die zur Überführung von Claas Relotius geführt haben, angezweifelt“. Es handele sich nach Meinung des Verlags um den Versuch, mit Randfragen und Nebenschauplätzen Moreno zu diskreditieren. Der Verlag habe die Sache seiner Anwältin übergeben und mache daher derzeit keine weiteren Angaben dazu.

Relotius' Anwalt Schertz forderte von Moreno und dem Verlag, die „aufgeführten falschen streitgegenständlichen Aussagen“ nicht weiter zu behaupten oder zu verbreiten. „Unser Klient muss gerade aufgrund der gegen ihn erhobenen Vorwürfe die Verbreitung von Unwahrheiten nicht hinnehmen“, heißt es in dem Schreiben.

Schertz weist darauf hin, dass Relotius 19 Preise und 2 weitere Auszeichnungen erhalten habe und nicht - wie von Moreno geschildert - mehr als 40 Preise. Zudem seien mehrere Sätze, Aussagen oder Schilderungen in dem Buch nicht so gefallen beziehungsweise falsch wiedergegeben.

Relotius sagte laut „Zeit“: „Ich bin mir meiner eigenen großen Schuld heute sehr bewusst und will durch die Auseinandersetzung mit diesem Buch nicht davon ablenken. Ich stelle mich allem, wofür ich verantwortlich bin, aber ich muss keine unwahren Interpretationen und Falschbehauptungen von Juan Moreno hinnehmen.“

Moreno beschreibt in „Tausend Zeilen Lüge“, wie er das Vorgehen seines Ex-Kollegen Relotius enttarnte. Jahrelang hat der heute 33-Jährige für seine gefeierten Reportagen Szenen, Ereignisse, ganze Existenzen erfunden. Vor allem für den „Spiegel“, aber nicht nur.

Der „Spiegel“ hat die Relotius-Affäre, einer der größten Skandale im deutschen Nachkriegsjournalismus, unter anderem in einer umfassenden Dokumentation und neuen Arbeitsabläufen aufgearbeitet. Es gab auch personelle Konsequenzen.

(dpa)