Rocker planten Sprengstoff-Anschlag in Berlin

Berlin (dpa) - Die Gewalt in der kriminellen Rockerszene spitzt sich zu. Mitglieder der Bandidos sollen einen Sprengstoff-Anschlag auf Überläufer in der Hauptstadt geplant haben.

„Wir haben Erkenntnisse aus den Ermittlungen, dass ein Anschlag in Berlin geplant gewesen sein soll“, sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, am Mittwoch. Drei Verdächtige sitzen bei Rostock in Untersuchungshaft. Die Behörden durchsuchten am Mittwoch unabhängig davon in Brandenburg, Baden-Württemberg und Sachsen Wohnungen einer verbotenen Gruppe der Hells Angels.

Laut „Tagesspiegel“ sollten Überläufer zu den Hells Angels aus Rache mit einer Bombe getötet werden. Das verdächtige Trio war mit einem Kilo Sprengstoff schon Anfang Juli am Rostocker Hafen gestellt worden. Die Behörden in Mecklenburg-Vorpommern führen die Ermittlungen. Bei der Rostocker Staatsanwaltschaft wollte man sich am Mittwoch zu dem „sensiblen Verfahren“ nicht näher äußern.

Den Männern werden Vorbereitung einer Sprengstoffexplosion und Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz vorgeworfen. Sie wollten laut Polizei mit einem Mietwagen mit schwedischem Kennzeichen per Fähre aus Dänemark nach Deutschland einreisen. In einer Sporttasche fanden die Beamten drei Stangen Sprengstoff und eine Sprengkapsel.

Zwei der Verdächtigen sind nach Polizeiangaben Rocker der Bandidos. Sie gehörten zur schwedischen Gruppe „BMC Helsingborg“ beziehungsweise zur Fraktion ohne Clubhaus, den „BMC Nomads“. Der dritte sei kein Bandidos-Mitglied, seine Verbindungen zu der kriminellen Rockergruppe seien aber polizeibekannt. Die Order für den Sprengstoffanschlag soll von der Europa-Führungsebene der Bandidos erteilt worden sein, schreibt der „Tagesspiegel“.

Auch in Berlin eskaliert der Rockerkrieg. Vor kurzem wurden zwei Bandidos angeschossen, zuvor ein Anführer der verfeindeten Hells Angels. Nach Schätzungen agieren in Berlin 400 bis 500 Hells Angels und etwas weniger Bandidos. Die Eskalation deutet nach Einschätzung von Ermittlern auf ein neues Abstecken von Machtpositionen.

Den Rockern werden schwere Delikte der organisierten Kriminalität angelastet - etwa Rauschgift- und Waffenhandel, Schutzgelderpressung und Menschenhandel bei der Prostitution. Bundesweit setzen Fahnder die Rocker derzeit mit Durchsuchungen, Verboten einzelner Gruppen und verstärkten Ermittlungen unter Druck.

In den drei Bundesländern wurden elf Wohnungen ehemaliger Hells Angels durchsucht, wie Polizeisprecher Volker-Alexander Tönnies in Berlin sagte. Ziel war, das Verbot der Gruppe Hells Angels Berlin City durchzusetzen und Strukturen zu erhellen. Festgenommen wurde niemand. Rund 100 Beamte waren in Bautzen, Dresden und Chemnitz (Sachsen), in Eberswalde, Cottbus und Britz (Brandenburg) sowie in Karlsruhe im Einsatz.

Beschlagnahmt wurden Jacken, Shirts und Hemden mit verbotenen Insignien. In dem Chemnitzer Objekt, das auch Vereinsheim ist, wurde ein Faustmesser entdeckt. Ermittelt wird nun wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz. Die Polizei stellte auch Computer, Datenträger und Unterlagen sicher. Sie würden nach Verbindungen zu anderen Rockern und Vereinsvermögen durchforstet, sagte der Polizeisprecher.

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) hatte die Hells Angels Berlin City Ende Mai verboten. Der Plan war aber verraten worden, so dass sich die Gruppe selbst auflösen konnte. Die Polizei sucht auch in den eigenen Reihen noch nach dem Leck.