Nordrhein-Westfalen Schlägereien und Belästigungen: Unruhige Halloween-Nacht in der Region

In mehreren Städten in NRW kam es zu Schlägereien, Randale und Belästigungen. Polizei: „Keine Parallelen zur Kölner Silvesternacht.“

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Düsseldorf. In einigen Städten Nordrhein-Westfalens waren die gruseligen Kostüme ambitionierter Möchtergern-Zombies bei weitem nicht das Unheimlichste in der Halloween-Nacht: Insbesondere in Essen und Köln weckten die Geschehnisse unangenehme Erinnerungen an die Kölner Silvesternacht 2015/2016, wenngleich die Unruhen in ihrer Dimension keineswegs mit den vormaligen massenhaften Übergriffen auf der Domplatte vergleichbar gewesen seien, betont die Bundespolizei in einer Pressemitteilung. Als friedlich kann man die Halloween-Nacht in NRW vielerorts dennoch nicht bezeichnen.

Dabei hatte in Essen eigentlich alles schaurig-schön angefangen, als sich Skelette, Monster und Untote in friedlicher Eintracht durch die Innenstadt schoben. Doch dabei sollte es nicht bleiben. Am frühen Abend formierten sich etwa 200 Männer in Kleingruppen, der überwiegende Teil von ihnen nach Polizeiangaben mit Migrationshintergrund, und sorgten mit „verbalen Provokationen“ für Unruhe, im Zuge derer es auch zu mehreren Körperverletzungsdelikten gekommen sein soll. Auch einige betrunkene Deutsche zeigten sich an jenem Abend verhaltensauffällig. Die Beamten sprachen vor Ort über 200 Platzverweise aus.

„Mit Silvester sind die Ereignisse in keiner Weise vergleichbar, da es am Essener Hauptbahnhof nicht zu Massendiebstählen oder gar sexuellen Übergriffen gekommen ist“, stellt Volker Stall, Sprecher der Bundespolizeiinspektion Dortmund, klar. Viele der Männer bewegten sich mit ihrem Verhalten nur am Rande der Strafbarkeit.“ So erlaubten sich einige Unruhestifter einen üblen Scherz mit den Beamten und täuschten absichtlich eine Schlägerei vor, um die Polizei zu provozieren. Strafrechtlich relevant ist dies jedoch noch nicht, kostet die Einsatzkräfte aber entsprechend Energie und Nerven.

Nach einer arbeitsintensiven Nacht in Essen rund um den Hauptbahnhof liegen nun zwölf Strafanzeigen bei der Polizei auf dem Tisch — darunter sieben Körperverletzungsdelikte und zwei Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz, da einige Randalierer gar Böller auf Polizeibeamte schleuderten. Strafanzeigen im übrigen Stadtgebiet sind hier nicht eingerechnet. „Ein Kollege ist nun verletzt und hat ein Knalltrauma“, bilanziert Stall.

Nicht nur im Bereich des Hauptbahnhofs, sondern in der gesamten Essener Innenstadt hielten ähnliche Zwischenfälle die Polizei in Atem. In der Kneipe „Antons Bierkönig“ gefiel es einem Unbekannten beispielsweise, gegen fünf Uhr morgens Reizgas auf der Tanzfläche zu versprühen. 13 Personen mussten mit akuten Atemwegsbeschwerden von Rettungskräften notärztlich versorgt werden, die dreispurige „Schützenbahn“ wurde zeitweise gesperrt.

Grobe Fehler in der Einsatzplanung, was zumindest das Geschehen am Hauptbahnhof betrifft (hier lag die Verantwortung bei der Bundespolizei), kann Volker Stall indes nicht ausmachen. Insgesamt habe die Polizei die unübersichtliche Lage gut unter Kontrolle bekommen und Schlimmeres verhindert. „Mit dem Wissen von heute hätten wir noch mehr Kräfte gebrauchen können, aber so etwas kann man letztlich auch nicht vorhersagen“, so Stall. Verglichen mit Halloween 2016 habe man in Essen mit ausreichender Personalstärke geplant. Er weiß schon jetzt: „An Silvester werden wir in Essen und Dortmund Sondereinsätze fahren.“ Dies sei auch eine Konsequenz aus der berüchtigten Kölner Silvesternacht.

Aggressive Männergruppen hatte die Polizei auch in Düsseldorf und Köln zu beklagen. So hatte die Polizei in der Landeshauptstadt 40 Strafanzeigen zu verzeichnen — darunter 16 wegen Körperverletzung und vier Sexualdelikte, bei denen Frauen begrapscht worden waren. Am Burgplatz, wo sich laut Polizei größere Gruppen von Nordafrikanern und Afghanen aufhielten, kam es zwischen fünf offenbar einander bekannten Männern zu einer Messerstecherei. Bis um sechs Uhr morgens waren die Beamten der Altstadtwache im Dauereinsatz.

Nicht viel entspannter ging es für deren Kollegen in Köln zu, die Verstärkung aus den umliegenden Städten angefordert hatten, um die Situation vor Ort in den Griff zu bekommen. Das gleiche Bild, schwer einschätzbare alkoholisierte und aggressive Männergruppen auf den Kölner Ringen. Neben etlichen Platzverweisen gab es auch in der Domstadt bislang „nur“ drei angezeigte Sexualdelikte zu beklagen.

Arnold Plickert, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW, wirbt derweil um Verständnis für die Position der Polizei: „Die Kollegen arbeiten schon jetzt am Limit und unsere Leute können nicht sieben Tage die Woche durchmachen.“ Ein wenig ärgert sich der Gewerkschafter darüber, dass bei jedweden Unruhen in Großstädten nach der Zäsur der Kölner Silvesternacht erst einmal die Frage nach potenziellen Fehlern bei der polizeilichen Einsatzplanung gestellt werde. „Wir sollten uns eher fragen, wie wir die betroffene Personengruppe dazu bringen, sich gesetzeskonform zu verhalten.“

Innenminister Herbert Reul (CDU) hat sich derweil auf Nachfrage unserer Zeitung zu den Ereignissen geäußert: „Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es im Schutz von Großveranstaltungen immer wieder zu sexuellen Übergriffen gekommen ist. Das war und bleibt eine Herausforderung für Polizei und Politik. Aus diesem Grund hat sich die Polizei auch auf Halloween 2017 vorbereitet. Und nach allem, was ich bisher weiß, hat die NRW-Polizei in der Nacht schnell und wirkungsvoll eingegriffen“, sagt der Minister anerkennend, räumt aber ein: „Jede dieser Taten ist eine zu viel. Deshalb ist mir eines ganz wichtig: Auch, wenn die Halloween-Vorkommnisse in diesem Jahr mit den Exzessen aus der Vergangenheit nicht vergleichbar sind, müssen wir diese gründlich analysieren und die Einsatzkonzepte der Polizei gegebenenfalls weiterentwickeln. Die neue Landesregierung verfolgt auch hier eine strikte Null-Toleranz-Politik.“